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Dienstag
05.10.2010

Der Schweizer Presserat hat eine Beschwerde der Bundesanwaltschaft gegen die «Weltwoche» teilweise gutgeheissen. Die «Weltwoche» hatte am 4. Februar 2010 in ihrer Rubrik «Personenkontrolle» Bundesanwalt Erwin Beyeler in der Affäre Roduner kritisiert. Der Bundesanwalt habe «bis zuletzt versucht», das Strafverfahren gegen den eidgenössischen Untersuchungsrichter Roduner, der sich im Juni 2008 selbst einen fingierten Drohbrief gefaxt hatte, «zu verschleppen und zu verzögern».

Weiter schrieb die «Weltwoche», Beyeler habe «den Skandal sogar ganz vertuschen» wollen, schreibt der Presserat am Dienstag über den eingereichten Fall. Als Beleg schrieb die Zeitung: «Dies stellt nun der Bericht der Geschäftsprüfer des Parlaments über die Justizaffäre von Mitte 2008 fest.» Der erwähnte GPK-Bericht stellt zwar fest, dass die Bundesanwaltschaft knapp fünf Monate verstreichen liess, bevor sie die Ermächtigung für ein Strafverfahren gegen Roduner einholte. Doch kommt die GPK in etwas gewundenen Worten zum Schluss, dass die Gesamtdauer bis zur Erledigung des Verfahrens achteinhalb Monate gedauert habe, «was keiner Rechtsverzögerung gleichkommen dürfte». Eindeutiger äussert sich der Bericht unmittelbar zuvor: «Für die GPK sind keine Hinweise auf Vertuschungsversuche, die zum Teil in den Medien moniert wurden, erkennbar», fasst der Presserat seine Einschätzungen zusammen.

In seiner Beschwerde warf der Bundesanwalt der «Weltwoche» vor, den Bericht der GPK wahrheitswidrig in sein Gegenteil verkehrt zu haben. Der Presserat war der Meinung, ein Journalist dürfe das Verstreichenlassen von knapp fünf Monaten bis zur Einleitung eines Strafverfahrens durchaus als «Verschleppen und Verzögern» kritisieren. Es sei zulässig, die im Bericht genannten Fakten so zu interpretieren, obschon die GPK sich hier zurückhaltender äussere.

In diesem Punkt wies der Presserat die Beschwerde ab. Doch für den viel schwerer wiegenden Vorwurf eines Vertuschungsversuches konnte die «Weltwoche» keinen Beweis erbringen. Der GPK-Bericht stelle hier unmissverständlich das Gegenteil fest, so der Presserat. Die «Weltwoche» verletzte deshalb mit ihrer Behauptung die Wahrheitspflicht. Und weil der Vertuschungsvorwurf falsch war, besass der Bundesanwalt einen Anspruch auf Berichtigung. Die «Weltwoche» verweigerte dies jedoch, weshalb der Presserat zusätzlich eine Verletzung der Berichtigungspflicht feststellte.