Aktuell ist das Thema noch theoretisch, denn es gibt wegen Corona keine Tourneen von englischen Bands durch Deutschland, Italien oder Frankreich. Was passiert aber, wenn die Bühnen und Clubs wieder öffnen? Mit dem Brexit warten auf Musiker und andere Künstler in England eine Unmenge von neuen Regeln und sehr hohe Kosten.
Zwar haben sich am Weihnachtsabend die EU und London noch pünktlich auf ein gemeinsames Abkommen zum Brexit einigen können. Dabei hat die Politik aber einmal mehr die Kulturbranche glattweg vergessen, wie das Fachmagazin «Rolling Stone» klagt.
In den letzten Tagen des Jahres sind deshalb in England für eine Petition bereits 210‘000 Unterschriften gesammelt worden. Diese will die Regierung dazu aufrufen, dass für Bands sowie auch für Filmleute und Profisportler ein visafreies Reisen durch die 27 EU-Mitgliedsländer möglich wird.
Gemäss den momentan herrschenden Regeln müssten Künstler und ihre Tour-Crews bei einer Auftrittsreise durch die EU für jedes einzelne Land ein Visum anfordern.
Für die Geschäftsführerin der Musiker-Vereinigung Incorporated Society of Musicians (ISM), Deborah Annetts, bedeutet das seit dem 1. Januar 2021 «Berge von Papierkram» wie etwa Zollbescheinigungen für Instrumente und anderes Equipment. Ausserdem sei auch ein Nachweis über Ersparnisse sowie eine Bescheinigung der Sponsoren der Veranstalter vorzulegen.
Sehr wenige Künstler würden sich diese zusätzlichen Kosten leisten können, die sich auf tausende Pfund summieren könnten, rechnet man in der Branche.
Das Brexit-Abkommen sieht zwar vor, dass Geschäftsreisen von Briten in die EU für 90 Tage innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten ohne Visum möglich sind. Von einer solchen Vorzugsbehandlung können zum Beispiel Besuchende von Konferenzen profitieren.
Ob dies auch für die Arbeit von Musikern und dem jeweiligen Tour-Tross gilt, sei aber von EU-Land zu EU-Land unterschiedlich, so die ISM. Dänemark, Italien und Spanien verlangten beispielsweise eine Arbeitserlaubnis.
Aber auch für Bands aus der EU wird das Auftreten in England in Zukunft schwieriger. Ausser einem Visum ist etwa der Nachweis von mindestens 1270 Pfund auf dem eigenen Konto nötig. Horace Trubridge, Generalsekretär der «Musicians’ Union», sagte vor diesem Hintergrund der BBC: «Wir haben uns für eine gegenseitige Vereinbarung eingesetzt.»
Dass diese nun nicht zustande gekommen sei, bezeichnete er als «äusserst enttäuschend», man arbeite aber mit der britischen Regierung weiter an einer akzeptablen Lösung.