Das Newsportal Watson wird seit dem Launch der Webseite am 22. Januar von der Kommunikationsbranche interessiert verfolgt. Der Klein Report wollte zum zweiten Mal von Fachleuten aus der Branche wissen, was sie in den letzten zwei Monaten für einen Eindruck vom Start-Up von Hansi Voigt bekommen haben und wie sie dessen Chancen aktuell im Werbemarkt einschätzen.
Thomas Rüttimann, Mitinhaber der Mediaagentur Zip Media, war dem Projekt Watson gegenüber am Anfang skeptisch eingestellt. «Aus meiner Sicht ist es zwingend, die momentan gut performenden, grossflächigen Werbemittel wie zum Beispiel ein Wideboard anzubieten und im sichtbaren Bereich zu integrieren», erklärte er dem Klein Report.
«Irgendwie beschleicht mich immer noch das Gefühl, dass die Preis- und Monetarisierungsstrategie nicht ganz klar ist», sagte ein Mitarbeiter einer Mediaagentur, der anonym bleiben möchte. «Ich denke, Watson sollte sich nochmals über den Aufbau der Seite, der integrierten Werbeplatzierungen und deren Preis Gedanken machen», mahnte er.
Ein Fokus auf Native-Werbung schöpfe das Potenzial nicht aus und bringe dem Newsportal zu wenig Umsatz, fand Thomas Rüttimann: «Um bei Werbekunden interessant zu werden, muss das Portal seine Nutzerzahlen veröffentlichen und diese ausbauen. Watson sollte mit den Zahlen in den Bereich der Konkurrenz wie Newsnet, 20min.ch und nzz.ch kommen und mit dem Desktop kompatible Mobile-Werbeformen entwickeln», skizzierte Rüttimann eine mögliche Strategie.
Dies sieht Reto Feurer, Geschäftsführer des Verlags Motor-Presse, ähnlich: «Watson wird im Werbemarkt gute Chancen haben, wenn die Leistungsdaten in einem ähnlichen Bereich wie die der Mitbewerber liegen.» Feurer kritisierte, dass von Watson gelegentlich zugestellte Newsletter nicht ausreichten, um Werbekunden zu gewinnen.
Bereits bei der ersten Umfrage des Klein Reports am 27. Februar wurde die Einbindung der Werbemittel auf der Seite als optimierungsbedürftig beurteilt.
Der Neustarter Watson ist auf diese Kritik eingegangen: «Für diverse mobile Geräte wurde die Auslieferung der Werbemittel noch etwas optimiert», erklärte Steven Goodman, Marketingchef und stellvertretender Geschäftsführer von Watson, dem Klein Report: «Im Grossen und Ganzen haben wir uns aber auf die Einführung neuer Werbeprodukte konzentriert, so zum Beispiel das Sponsoring von Livetickern.»
Der vom Klein Report befragte anonyme Mediaagentur-Mitarbeiter erkennt bei der Einbindung der Werbemittel eine Verbesserung: «Offensichtlich werden nun auch Grossformate eingebunden, was die Seite schon mal etwas aufwertet. Ein positiver Schritt, aber noch nicht ganz rund, würde ich meinen. Derzeit scheint mir die Werbung noch nicht optimal ins Erscheinungsbild der Desktop-Ansicht integriert und stört mich beim Lesen, da es unterschiedliche Grössen und Formate gibt.»
Auch Zip-Media-Mitbegründer Thomas Rüttimann, der Watson regelmässig nutzt, sieht nach wie vor Verbesserungspotenzial in diesem Bereich. Das Werbemittel Wideboard sei bei der Standardansicht zwar gut plaziert, aber noch nicht in der App zu finden. «Die `Konvergenz` bei der Werbung fehlt.»
Motor-Presse-Verlagchef Reto Feurer wiederum sind auf der Webseite selten Werbemittel aufgefallen: «Die, die ich bemerkte, kamen in der Bilderflut eher schlecht zur Geltung.»
Feurer hat auch eine Gesamtkritik an dem neuen Webprodukt: «Inhaltlich ist Watson mehr Schein als Sein. Mit den Ankündigungen von renommierten Autoren, die für die Webseite tätig sein würden, entwickelte sich eine inhaltliche Erwartungshaltung, die Watson täglich aufs Spiel setzt. Die Verpackung ist chic, inhaltlich ist das Portal aber oft enttäuschend trivial, sauglatt und teilweise unlogisch.»
Das sieht Thomas Rütimann anders, er hält die Redaktion für schlagkräftig und schnell, vergleichbar mit anderen Onlineredaktionen. Mit dem ungewohnten Layout hebe sich Watson von anderen Newsseiten ab und verschaffe sich eine eigenständige Positionierung.
Der befragte anonyme Mediaagentur-Mitarbeiter sieht das ähnlich: «Durch den speziellen Aufbau der Seite und des Inhalts unterscheidet sich Watson von anderen Seiten, kann aber natürlich deshalb auch verwirrend wirken. Ich persönlich mag das Layout aber sehr.»
Reto Feurer wünscht sich von Watson mehr inhaltliche Differenzierung. «Die Watson-Push-Nachrichten kommen gefühlte drei Sekunden vor anderen Newsseiten. Vielleicht wäre es eine Überlegung wert, diesen Zeitvorsprung in die inhaltliche Qualität zu investieren.»