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Donnerstag
05.10.2017

Medien / Publizistik

«´Das Publikum ist sehr launisch`: Thun-Gelmi kritisiert eigene Fans.» Mit dieser Skandal-Schlagzeile generierte Blick.ch am Montagabend auf der eigenen Website tausende Klicks.

Die Blick.ch-Sportredaktion berichtete fälschlicherweise darüber, dass der FC-Thun-Spieler Roy Gelmi in einem Interview die Anhänger seines Vereins heftig kritisiert habe – und das nicht etwa in einer stillen Ecke gegenüber einem Journalisten, sondern direkt vor 5500 Fussballfans im Stadion des FC Thun.

Folgender Sachverhalt habe sich am Sonntag unmittelbar vor dem Spiel FC Thun – FC Luzern zugetragen: «Diese Idylle wird plötzlich gestört. Von Roy Gelmi, der gegen den FCL gesperrt ist, fehlt. Er gibt über das Stadion-Mikrofon ein Interview, sagt, dass er seit diesem Sommer bei Thun sei und sich eigentlich wohl fühle. Und dann legt er sich noch mit den eigenen Fans an: ´Das Thuner Publikum ist sehr launisch. Wenn es gut läuft, ist die Stimmung gut. Wenn nicht, dann wird man ausgepfiffen`.»

Was für ein Skandal. Doch es ist ein Skandal, den die Sportredaktion komplett verdreht hat. Tatsächlich hat der Thun-Verteidiger nämlich nicht die Fans des FC Thun, sondern diejenigen seines Ex-Vereins FC St. Gallen als «sehr launisch» bezeichnet. Von Kritik an den FC-Thun-Fans also keine Spur. Entsprechend empört zeigten sich die Fans auf der Facebook-Seite des Vereins. Sie kommentieren die Skandal-Story mit Worten wie «Wenn das Journalismus ist... Hauptsache Klicks generieren. Tiefer geht`s nimmer.»

Auf Nachfrage des Klein Reports erklärte Katia Murmann, Chefredaktorin von Blick.ch: «Die Aussage von Roy Gelmi haben wir in einem ersten Schritt falsch verstanden. Das ist ein Fehler, der in der Hektik des Redaktionsalltags passieren kann.»

Was Verein, Spieler und Fans aber wirklich nervt: Als die Sportredaktion merkte, dass in den Sozialen Medien ein Shitstorm ausgebrochen war, löschte sie den Artikel – ohne stattdessen eine Korrigenda auf der Website zu platzieren. Ein Wort der Entschuldigung suchte man vergeblich.

«Normalerweise korrigieren wir Artikel und weisen am Ende des Textes auf die Anpassung hin. Den entsprechenden Artikel haben wir bereits wieder online geschaltet und richtig gestellt», sagte Murmann am späteren Dienstagnachmittag zudem.

Tatsächlich kursierte zwischenzeitlich der korrigierte Artikel mit der Überschrift «Thun-Gelmi kritisiert St.Gallen-Fans» auf Blick.ch - mit folgender Information: «In einer ersten Version schrieben wir, Gelmi habe in seinem Interview nicht das St. Galler, sondern das Thuner Publikum kritisiert. Dieser Fehler wurde korrigiert.»

Update: Am Mittwoch war die korrigierte Version hingegen nicht mehr auffindbar.