Die Leserzahlen des «SonntagsBlick» sind in freiem Fall: Innert fünf Jahren verlor der Print-Titel 40 Prozent seines Publikums. Content-Chefin Steffi Buchli will für die künftige publizistische Strategie auch an Tabus ran.
Die Zahlen sind schwindelerregend: Gemäss Wemf Mach Basic hatte der «SonntagsBlick» im zweiten Semester 2019 487‘000 Leserinnen und Leser, im zweiten Semester 2024 waren es noch 291‘000, wie aus der kürzlich publizierten neusten Erhebungswelle hervorgeht.
Die Zahl der Print-Leser des «SoBli» macht im Moment also noch knapp 60 Prozent des Wertes von 2019 aus.
Dieser rasante Rückgang erscheint noch dramatischer, wenn man die entsprechenden Werte der anderen beiden Sonntagspublikationen hinzuzieht: So lasen in der zweiten Jahreshälfte 2019 gemäss Wemf 518‘000 Menschen die «SonntagsZeitung», gegenüber 474‘000 Lesenden im zweiten Semester 2024. Der aktuelle Wert entspricht also 92 Prozent von 2019.
Bei der «NZZ am Sonntag» zählte die Wemf vor fünf Jahren 342‘000 Lesende, gegenüber derzeit 334‘000 Lesenden, was 98 Prozent von 2019 entspricht.
Der Vergleich mit den Konkurrenzblättern zeigt: Schuld am Einbruch beim «SonntagsBlick» kann also nicht eine generelle Krise der Gattung Sonntagszeitung sein. Doch was dann?
«In den letzten Jahren hat sich das Leseverhalten nochmal stark verändert. Auch am Sonntag greifen immer mehr Leserinnen und Leser auf unser Online-Angebot, das Digital-Abo ‚Blick+‘ oder das ‚SonntagsBlick‘-E-Paper zurück, um ihre Nachrichten zu konsumieren», sagt Steffi Buchli, Chief Content Officer beim «Blick», gegenüber dem Klein Report.
Die Nachfrage nach gedruckten Zeitungen sei entsprechend zurückgegangen, auch bei Menschen im höheren Alter und damit der klassischen Print-Zielgruppe.
Hinzu kommt gemäss Buchli eine veränderte Strategie auf dem Nutzermarkt: «Wir haben in der Vergangenheit nicht mehr um jeden Preis die Auflage gestützt (beispielsweise durch Zielversände oder Schnupper-Abos), sondern vermehrt die Auflagenwertigkeit in den Fokus gerückt.»
Die jüngsten Leserschaftszahlen seien «bedauerlich», so die Content-Chefin, sie bedeuteten aber nicht, dass die Inhalte nicht ankämen. «Wir sehen an den Online-Zugriffszahlen, dass die ‚SonntagsBlick‘-Inhalte pro Ausgabe eine grosse Leserschaft erreichen und regelmässig bis zu eine Million Pageviews generieren. Ein Spitzenwert, der uns darin bestärkt, unsere Leserschaft weiterhin dort abzuholen, wo sie sich gerade befindet und unsere News konsumieren möchte.»
Einfach fahren lassen will der Verlag den Print aber dann doch nicht. «Massnahmen zur Stabilisierung und Neugewinnung von Lesern und Leserinnen» seien «eingeleitet» worden, so Steffi Buchli weiter gegenüber dem Klein Report.
Publizistisch sei sie mit der Arbeit von Chefredaktor Reza Rafi und seinem Team «sehr zufrieden». «Der ‚SonntagsBlick‘ liefert jede Woche starke Recherchen, spannende Geschichten und setzt nationale Themen, wie zuletzt mit dem Fall von GLP-Politikerin Sanija Ameti, den Ungereimtheiten um die Forschungsarbeiten von Adriano Aguzzi an der Uni Zürich oder die Fifa-Zuschüsse für Giovanni Infantino.»
Unternehmerisch sieht Buchli glasklar: «Unsere Aufgabe ist es, mit den eingesetzten Mitteln ein bestmögliches publizistisches Produkt zu machen. Verändert sich die Einkommensseite, rechnen wir neu und passen uns an.»
Letzte Woche hat Ringier verkündet, dass das Magazin des «SonntagsBlick» aufs neue Jahr hin als eigenständige Beilage aufgegeben und in das Hauptblatt integriert wird.
Darauf angesprochen, ob auch eine Integration des «SonntagsBlick» in den «Blick» – also eine ausgebaute Samstagsausgabe im Stile der «Schweiz am Wochenende» von CH Media – eine Option für sie wäre, sagte Steffi Buchli zum Klein Report: «Eine Wochenendausgabe ist Stand heute nicht in Planung. Ich bin allerdings der Meinung, dass wir tabulos sein sollten in den Diskussionen, die wir künftig führen.»