Es ist ein Medienauflauf, wie er am Strafjustizzentrum in Muttenz sonst nicht vorkommt: Rund 40 Journalisten und ein halbes Dutzend Fernsehteams warten auf die Hauptbeteiligten der Rekursverhandlung zum Strafverfahren gegen Ex-Fifa-Präsident Sepp Blatter und den früheren Uefa-Chef Michel Platini.
Und offenbar sprengt das Medienaufkommen die örtlichen Kapazitäten: Journalisten sind im Gerichtssaal (aus Platzgründen) keine zugelassen. Stattdessen wird die Verhandlung in einen Nebenraum per Videostream übertragen. Vor allem englische Reporter reagieren reichlich ungehalten: «Where are we?».
Doch zurück auf den Boden der juristischen Tatsachen. Kern des Verfahrens ist eine Transaktion von 2 Millionen Dollar aus dem Jahr 2011. Der damals von Blatter geführte Weltverband überwies das Geld an Platini, früher Weltklassefussballer und um die Jahrhundertwende als Berater von Blatter tätig.
Die Bundesanwaltschaft vermutet hinter dem Geldtransfer unlautere Motive. Blatter und Platini weisen Fehlverhalten zurück und erklären die Zahlung als nachgereichtes Honorar.
Bisher mit Erfolg: Die beiden waren vor zweieinhalb Jahren vom Bundesstrafgericht in Bellinzona in allen Anklagepunkten freigesprochen worden. Doch nach einer Beschwerde der Bundesanwaltschaft kommt es nun zur Rekursverhandlung vor dem Strafgericht Baselland.
Der Prozess beginnt mit einem Paukenschlag: «Wo ist die Fifa?», fragt Platinis Anwalt Dominic Nellen und fügt an: Man fühle sich hier wie bei einer Schifffahrt ohne Kapitän – oder wie bei einem Fussballspiel, bei dem der Gegner nicht auftaucht. Grund: Die Fifa (als Nebenklägerin) hatte sich vom Verfahren dispensieren lassen.
Und diese Abwesenheit bleibt nicht ohne Konsequenzen. Das dreiköpfige Richtergremium spediert die Fifa kurzerhand (juristisch) vor die Tür. Der Weltverband habe, so Gerichtspräsident Roland Hofmann, bis heute nicht einmal eine Begründung für ihre Berufung eingereicht.
Ausserdem stellte sie zuletzt den Antrag, sich für den Prozess dispensieren zu lassen, also nicht anwesend sein zu müssen. Man bewerte, so das Gericht, die Berufung der Fifa damit als zurückgezogen. Damit kann die Fifa in der Verhandlung in dieser Woche nun keine Anträge mehr stellen; und sollten Blatter und Platini erneut freigesprochen werden, kann die Fifa nicht die nächste Instanz anrufen, das Schweizer Bundesgericht.
Dies ist ein nicht zu unterschätzender Teilerfolg für die beiden Angeklagten. Obwohl die Fifa als Privatklägerin im Spiel bleibt, reduziert sich der Druck auf Blatter und Platini merklich.
Der einzige verbliebene Gegenspieler, Staatsanwalt Thomas Hildbrand, wirkt im Vergleich zu den Starverteidigern Nellen und Lorenz Erni (von Sepp Blatter) wie ein Archivar, der vor lauter Aktenstapeln und Bundesordnern die Bäume im Wald nicht mehr sieht.
Blatter, der am nächsten Montag seinen 89. Geburtstag feiert, gibt sich kämpferisch: «Was habe ich falsch gemacht? Ich bin unschuldig und bitte das Gericht, im Recht zu bleiben.» Und dann schiebt er jene Grundsätze nach, die ihm seine Eltern auf den Lebensweg mitgegeben haben: «Erstens: Wir nehmen nur Geld an, das wir verdient haben. Zweitens: Wir bezahlen unsere Schulden und auch Steuern. Drittens: Wir sind fleissig.» Nur an den vierten Grundsatz habe er sich nicht immer gehalten: «Leihe nie Geld aus – sonst bekommst du es nicht mehr zurück.»
Bis Donnerstag läuft die Beweisaufnahme, dann folgen die Plädoyers, ein Urteil soll am 25. März verkündet werden.
Fazit des Klein Reports nach dem Starttag: Wäre der Berufungsprozess ein Fussballspiel, würde das Team Blatter/Platini 2:0 führen.