Der Deutsche Presserat bewertet die Strafanzeige von SPD-Generalsekretär Franz Müntefering gegen die «Bild»-Zeitung wegen der Berichterstattung in der Bonusmeilen-Affäre als Angriff auf die Pressefreiheit. Der Datenschutz gelte zwar als Bürgerrecht auch für Bundestagsabgeordnete. «Nur darf er nicht missbraucht werden zur Unterdrückung unliebsamer Nachrichten», erklärte ein Sprecher am Montag. Das Vorgehen Münteferings, der seinen Vorstoss mit dem Verdacht des Ausspähens von Daten und des Verstosses gegen das Datenschutzgesetz begründete, war am Sonntag auch von elf Chefredaktoren kritisiert worden.
In den vergangenen Jahren seien Strafanzeigen immer wieder als Vorwand benutzt worden, um «das so genannte Redaktionsgeheimnis, also die in den journalistischen Arbeitsstellen und in den Notizbüchern gesammelten Informationen auszuforschen», kritisierte am Montag Manfred Protze, der Vorsitzende des Beschwerdeausschusses für den redaktionellen Datenschutz im Presserat. Die Bonusmeilen-Affäre sei «absolut kein Datenschutzfall». Die Presse habe das Recht zu prüfen, ob Abgeordnete korrekt mit öffentlichen Geldern umgegangen seien. Der Presserat werde wiederum prüfen, ob die «Bild»-Zeitung «wahrhaftig» berichtet habe. «Die Bild-Zeitung muss darlegen, dass das, was sie veröffentlicht hat, faktisch stimmt. Zweitens muss sie auch auch darlegen, dass sie nicht willkürlich verfahren ist bei der Auswahl der Sünder», sagte Protze weiter.
Der Deutsche Journalistenverband DJV erklärte, die «Bild»-Berichterstattung sei kein Fall fürs Gericht, sondern höchstens Sache des Presserats. Es gehe nicht um juristische Fragen, sondern um Moral und Ethik der Presse. Aus DJV-Sicht ist die Presse auch dann geschützt, wenn sie Informationen verbreitet, die Dritte rechtswidrig erlangten. Zwar müsse die Privatsphäre gegen die Verbreitung solcher Informationen geschützt werden. Bei Informationen über Missstände im staatlichen Bereich überwiege aber das Informationsinteresse der Öffentlichkeit.
Montag
05.08.2002