Rüppelhaftigkeit, Belästigungsvorwürfe, Machtmissbrauch: Jetzt hats geknallt bei Axel Springer. Der Chefredaktor des Boulevardblatts «Bild» ist mit «sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben freigestellt», wie der Medienkonzern am Montagnachmittag bekannt gab.
Julian Reichelt (41) habe unter anderem Privates und Berufliches nicht klar getrennt, «auch nach Abschluss des Compliance-Verfahrens im Frühjahr 2021», wie der Vorstand mitteilt. Recherchen verschiedener Medien hätten den Vorstand nun zum Handeln gezwungen, nachdem man «diesen Informationen nachgegangen» sei.
Bereits Anfang März wurde Julian Reichelt nach Recherchen des «Spiegels», «auf eigenen Wunsch», wie es damals hiess, vorübergehend freigestellt. Das Magazin berichtete von sechs Mitarbeiterinnen, die Vorfälle des «Machtmissbrauchs» gegen Reichelt angezeigt hätten.
Ende März kehrte der Chefredaktor der Boulevardzeitung wieder auf seinen Chef-Sessel zurück. Neu wurde aber die Leitung mit Alexandra Würzbach (52), Chefin der «Bild am Sonntag», als Doppelspitze neu aufgestellt.
Reichelt werde sich schwerpunktmässig auf «Bild» Print und Digital sowie Bild Live fokussieren, berichtete der deutsche Medienkonzern damals. Würzbach sei «gleichberechtigte Vorsitzende der «Bild»-Chefredaktionen» und werde sich auf die «Bild am Sonntag» und das übergreifende Personal- und Redaktionsmanagement konzentrieren.
Nach dem Abgang von Reichelt wird Johannes Boie (37) neuer Vorsitzender der dreiköpfigen Chefredaktion und Mitglied des «Bild»-Boards. Boie ist zurzeit beim Medienkonzern Chefredaktor der «Welt am Sonntag». Er arbeitet seit 2017 für den Axel Springer Konzern.
Davor war der Journalist bei der «Süddeutschen Zeitung» als Reporter und Redaktor tätig und habe den Bezahl-Bereich der Zeitung entwickelt und geleitet.
«Alexandra Würzbach bleibt Chefredakteurin ‚Bild am Sonntag‘ und verantwortlich für Personal- und Redaktionsmanagement», heisst es weiter. Claus Strunz ist als Chefredaktor für das Bewegtbildangebot verantwortlich.
Der Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner hielt lange an Julian Reichelt fest. Döpfner lässt sich am Montag mit den Worten zitieren: «Julian Reichelt hat ‚Bild‘ journalistisch hervorragend entwickelt und mit Bild Live die Marke zukunftsfähig gemacht. Wir hätten den mit der Redaktion und dem Verlag eingeschlagenen Weg der kulturellen Erneuerung bei ‚Bild‘ gemeinsam mit Julian Reichelt gerne fortgesetzt. Dies ist nun nicht mehr möglich.»
Mit Johannes Boie hätte man «einen erstklassigen Nachfolger». Boie habe unter Beweis gestellt, «dass er journalistische Exzellenz mit modernem Führungsverhalten verbindet», so Döpfner.