Datenschutz. Der Schweizer Ableger des deutschen Lebensmittelkonzerns Spar stoppt ein Projekt, das Gesichtsanalysen der Kundinnen und Kunden ermöglicht – und wirft ein Schlaglicht auf ein Thema, das immer mehr in die Privatsphäre jedes Bürgers vordringt.
Der Handelskonzern hatte geplant, 147 Standorte mit Sensoren auszustatten, die eine Alters- und Geschlechtsabschätzung der Kundschaft vornehmen. Mit den Daten kann auf den Ladenbildschirmen personalisierte Werbung ausgespielt werden. In mehreren Filialen war das System bereits installiert.
Nach negativen Rückmeldungen der Kundschaft werden die Sensoren nun aber wieder abgebaut, heisst es bei Spar auf Anfrage der «NZZ am Sonntag». Die Privatsphäre der Kundinnen und Kunden sei stets gewahrt gewesen, versichert der Konzern, der über Franchise-Nehmer weltweit 460’000 Mitarbeitende im Verbund hat.
Dem widerspricht die HSG-Professorin Monika Simmler. Die Auswertung von Merkmalen wie Geschlecht oder Alter sei ein Eingriff in die Grundrechte. Simmler kritisiert auch andere Technologien zur Gesichtsanalyse, die in der Schweiz derzeit auf dem Vormarsch sind: «Die Gesamtheit der Datensammlung durch den Staat und private Anbieter führt zu einer Überwachungsdichte, die unsere Freiheit bedrohen kann.»
Unter dem Titel «Das gescannte Leben» listet die «NZZ am Sonntag» auf, wo die Gesichtserkennung bereits jetzt zentral ist, so zum Beispiel im Flughafen. Im Sommer wurde bekannt, dass der Zayed International Airport in den Vereinigten Arabischen Emiraten ab 2025 papierlos funktionieren soll. Die Flugpassagiere würden künftig von biometrischen Sensoren gescannt. Als Erkennungsmerkmal reiche das Gesicht.
Auch der Flughafen Zürich besitze Erfahrung mit Gesichtserkennung, schon seit 2017 ist diese bei der Passkontrolle im Einsatz.
Und wenn es um die Fahndung nach Straftätern geht, stehe die St. Galler Kantonspolizei mit einem Fuss in der Zukunft, schreibt die «NZZ am Sonntag». Von keinem anderen Polizeikorps ist bekannt, dass es Gesichtserkennungstechnologie so offensiv einsetzt wie die Ostschweizer. Im Zentrum stehe die schwedische Software Griffeye.
Eine Datenbank wie jene der St. Galler Kantonspolizei besitze auch das Bundesamt für Polizei (Fedpol). Nur sei diese ungleich mächtiger. 1,4 Millionen Gesichtsbilder enthalte sie derzeit.
Und gewaltbereite Fussballfans beschäftigen die Konferenz der kantonalen Polizeikommandanten (KKPKS) seit Jahren. Hier wolle man den Eskalationen mit der Erfassung von biometrischen Gesichtsdaten entgegentreten.
Populär sei auch die frei zugängliche Software Pimeyes. Jeder könne hier ein Foto einer Person hochladen und erhalte als Ergebnis alle frei im Internet verfügbaren Bilder des oder der Betroffenen. Man könne einen Unbekannten im Tram fotografieren und mit Pimeyes herausfinden, um wen es sich handelt.