Bei der Pariser Staatsanwaltschaft hat Reporter ohne Grenzen (RSF) Klage wegen «betrügerischer Geschäftspraktiken» gegen Facebook eingereicht.
Unter anderem geht es um Hasskommentare. Diese würden «nicht gelöscht». Das Unternehmen von Mark Zuckerberg verstosse damit gegen seine eigene rechtsverbindliche Zusicherung, ein «sicheres» digitales Umfeld zu bieten, erklärte die Menschenrechtsorganisation am Dienstag in Paris.
Die Klage wurde in Frankreich auf Basis des Verbraucherschutzes eingereicht. Im Gründungsland von Reporter ohne Grenzen kann eine Verletzung des Verbraucherschutzes «neben erheblichen Geldstrafen auch Haftstrafen für die Verantwortlichen nach sich ziehen», wie RSF mitteilt.
Reporter ohne Grenzen hofft dabei, dass der angestrebte Prozess bei Erfolg «internationalen Modellcharakter» habe. RSF erwägt, ähnliche Klagen in anderen Ländern einzureichen. In anderen Ländern, wie zum Beispiel Deutschland, wird der Verbraucherschutz allerdings vorwiegend zivilrechtlich durchgesetzt.
Konkret klagt RSF in Paris, dass Facebook zugelassen habe, dass sich Hasskommentare und Drohungen gegen Medienschaffende ungehindert verbreiten können, genauso wie auch Falschinformationen im Kontext der Covid-19-Pandemie.
Anhand von Expertenanalysen, Zeugenaussagen und Zitaten ehemaliger Facebook-Mitarbeitenden zeigt die Klage auf, dass die in den Nutzungsbedingungen und Gemeinschaftsstandards getroffenen Zusagen des in Kalifornien ansässigen Unternehmens gegenüber Verbraucherinnen und Verbrauchern grösstenteils nicht eingehalten werden. Falschinformationen würden teils Monate nach Veröffentlichung ohne Kennzeichnung oder Einordnung weiterverbreitet, Hasskommentare trotz ihrer möglichen Auswirkungen auf die Sicherheit von Journalistinnen und Journalisten nicht entfernt.
Sollte RSF in Frankreich Erfolg haben, könnte das angeklagte Vergehen mit einer Geldstrafe von bis zu 10 Prozent des Jahresumsatzes geahndet werden.
Reporter ohne Grenzen steht mit den Vorwürfen an Facebook nicht allein da. First Draft, eine 2015 gegründete gemeinnützige Organisation zur Bekämpfung von Desinformation im Netz, identifizierte Facebook kürzlich als «Drehscheibe für Impfstoff-Verschwörungstheorien» im französischsprachigen Raum. Ein 2020 veröffentlichter Unesco-Bericht bezeichnete Facebook als die «am wenigsten sichere» Social-Media-Plattform.
Neben verschiedenen Belegen über Gewalt an Medienschaffenden, die im Netz verherrlicht wurde, macht RSF einmal mehr auch auf den Film «Hold-Up» aufmerksam. Dieses Machwerk voller Corona-Lügen wurde allein in den letzten zwei Monaten mehr als 4,5 Millionen Mal über Facebook geteilt.