Auf eine Anhörung kann im Prinzip verzichtet werden, wenn sich schwere Vorwürfe auf amtliche Publikationen stützen, sagt der Presserat. Dies aber nur dann, wenn aus dem Bericht genau hervorgeht, auf welcher offiziellen Quelle die Vorwürfe stammen. Andernfalls ist der
Betroffene vor der Publikation trotzdem anzuhören. Diesen Entscheid teilte der Presserat am Donnerstag mit.
In ihren Berichten über den anstehenden Prozess der Walliser Strafjustiz gegen einen mutmasslichen Millionenbetrüger «à la Madoff» stützten sich das Satiremagazin «Vigousse» und «Le Matin» zum Teil auf amtliche Dokumente. Der Artikel des Satiremagzins macht jedoch nicht klar, auf welche offiziellen Quellen er die gegenüber dem Angeschuldigten erhobenen massiven strafrechtlichen Vorwürfe stützt. Nach Auffassung des Presserates hätte «Vigousse» deshalb entweder die Quelle der Vorwürfe klar benennen oder andernfalls den Betroffene anhören sollen.
Demgegenüber beruft sich «Le Matin» im ersten von zwei Berichten ausdrücklich auf den polizeilichen Ermittlungsbericht (Rapport de Dénonciation), womit hier eine Anhörung verzichtbar war. Zwingend wäre sie hingegen zu weiteren, im zweiten Artikel kolportierten
schweren Vorwürfen gewesen, die nicht Gegenstand des Strafverfahrens sind. Zudem hätte die Zeitung das Gerücht über einen angeblichen «Flirt» mit Scientology nicht ungeprüft veröffentlichen dürfen.
Donnerstag
13.01.2011




