Im Juni vergangenen Jahres hatte die «Berner Zeitung» eine Kolumne von Margrit Sprecher veröffentlicht. Darin kritisierte die Journalistin den israelischen Ministerpräsidenten Ariel Sharon, der im Bibelunterricht des Landes das Buch Josua vermehrt berücksichtigt wissen wollte. Die Kolumnistin machte geltend, das Buch Josua schlage in Sachen Blutrünstigkeit sämtliche anderen Bücher der Bibel. Die Organisation «David» («Zentrum gegen Antisemitismus und Verleumdung») beschwerte sich beim Presserat. Mit dem Abdruck dieser «eindeutig antisemitischen» Kolumne werde gegen das berufsethische Diskriminierungsverbot verstossen. Der Presserat weist die Beschwerde zurück: Die Erziehungs- und Schulpolitik eines Staates, auch diejenige Israels, darf in einer Kolumne hinterfragt und kritisiert werden. Zudem erinnerte der Rat daran, dass Kolumnen auch scharf und polemisch ausfallen dürfen. Die Grundlage der Kritik der Kolumnistin, nämlich ein Rechtsruck in der Bildungspolitik Israels, sei als solche in der Beschwerde nicht bestritten worden. Aus der Kritik an der israelischen Erziehungspolitik und dem blossen Zitieren «martialischer» biblischer Texte könne weder eine direkte noch eine indirekte Diffamierung oder Herabsetzung jüdischer Tradition und Gegenwart abgeleitet werden, konstatiert der Presserat.
Dienstag
22.01.2002