Einer doppelseitigen Benetton-Anzeige mit einem nackten Hintern, auf dem ein Stempel mit dem Schriftzug «H.I.V. POSITIVE» aufgedrückt ist, hat für das deutsche Magazin «Stern» unangenehme Nachwirkungen: Der Bundesgerichtshof vertritt die Ansicht, die Anzeige «H.I.V. POSITIVE» sei als sittenwidrig zu bewerten und geniesse nicht den Schutz der Meinungsäusserungsfreiheit. Gemäss Bundesgerichtshof habe der «Stern» mit der Veröffentlichung ferner die ihm obliegenden Prüfungspflichten verletzt hat. Ein Presseunternehmen hafte zwar wettbewerbsrechtlich für eine Anzeige nur dann, wenn diese grob und unschwer erkennbar wettbewerbswidrig sei. Dies sei hier jedoch der Fall. «Eine Werbung wie die Anzeige 'H.I.V. POSITIVE' begründe die Gefahr, dass die angewandte Methode um sich greife, durch Ausbeuten von Reizthemen und Tabus als Gegenstand oder Aufhänger von Werbung Aufmerksamkeitseffekte zu erzielen, etwa durch herabsetzende und diskriminierende Werbung auf Kosten von Behinderten, von ethnischen und politischen Minderheiten, Ausländern oder religiösen Gruppen», heisst es in dem Urteil. Und: «Die Voraussetzungen, unter denen sich Leistungswettbewerb entfalten könne, würden wesentlich beeinträchtigt, wenn Werbungtreibende vermehrt dazu übergingen, den Kampf um die Aufmerksamkeit der Verbraucher in der Art der Anzeige `H.I.V. POSITIVE` zu führen und so ihren Vorteil auf Kosten derjenigen Wettbewerber zu suchen, die das im Wettbewerb unabdingbare Mass an Achtung vor anderen und ihren verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgütern bewahren», ziert Pressetext den Bundesgerichtshof. Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. hatte die Anzeige als wettbewerbswidrig beanstandet und nicht nur das Unternehmen Benetton, sondern auch den «Stern» verklagt. Das vollständige Urteil: http://www.jura.uni-sb.de/Entscheidungen/Bundesgerichte/BGH/zivil/bgh92-01.html
Dienstag
06.08.2002