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Montag
04.07.2016

Medien / Publizistik

Der etwas skurrile Rechtsstreit über das Schmähgedicht des deutschen Satirikers Jan Böhmermann über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan geht in die nächste Runde, wie «Der Spiegel» berichtet.

Erdogans Anwalt Michael-Hubertus von Sprenger reichte Klage beim Landgericht Hamburg ein. Zuvor hatte das Gericht eine einstweilige Verfügung erlassen, nach der ein Grossteil des Werkes nicht weiterverbreitet werden darf. Von Sprenger will nun im Hauptsacheverfahren ein Komplettverbot des Gedichts erwirken.

Im Wesentlichen berufe er sich dabei auf die Argumente, die er auch schon im Verfügungsverfahren vorgebracht habe, allerdings mit einer Ergänzung: «Böhmermann kann sich nicht auf Kunst berufen, wenn er selbst behauptet, das Kunstwerk stamme gar nicht von ihm», sagte von Sprenger. Böhmermann hatte in einem mit der «Zeit» schriftlich geführten Interview auf die Frage geantwortet, ob er das Gedicht selbst geschrieben habe: «Nein. Quelle: Internet.»

Ausser dem Presseverfahren in Hamburg ist in Mainz ein Ermittlungsverfahren gegen Böhmermann wegen des Verdachts auf Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts anhängig. Dies wurde möglich, nachdem die Bundesregierung Mitte April eine Ermächtigung wegen des Strafverlangens der türkischen Regierung erteilt hatte.

Die zuständige Staatsanwaltschaft in Mainz erklärte, dass «ganz kurzfristig» nicht mit einer abschliessenden Verfügung zu rechnen sei. Man habe Böhmermanns Verteidigern zwischenzeitlich Akteneinsicht gewährt, eine Stellungnahme der Anwälte sei angekündigt worden.

Böhmermann hatte Ende März in seiner satirischen TV-Show «Neo Magazin Royale» ein Schmähgedicht auf Erdogan vorgetragen. Die türkische Regierung hatte daraufhin in einer sogenannten Verbalnote an das Auswärtige Amt ein Strafverfahren gegen den Moderator gefordert.