Am Dienstag kommt in Deutschland die Corona-Tracing-App auf den Markt.
Zwar seien viele Forderungen von Digital- und Menschenrechtsorganisationen zum Schutz vor einem Missbrauch als Überwachungstool umgesetzt worden, trotzdem mahnt Reporter ohne Grenzen (RSF) speziell Journalisten: «Zahlreiche Regierungen setzen derzeit auf Tracing-Apps zur Eindämmung des Virus und nehmen dabei massive Einschränkungen der Pressefreiheit in Kauf», sagte Christian Mihr von der Journalistenorganisation.
Umso wichtiger seit es, dass die deutsche App ein positives Beispiel setze. Es seien viele Forderungen von Reporter ohne Grenzen eingeflossen, dennoch lassen sich Angriffe auf die Anonymität der Nutzerinnen und Nutzer nicht gänzlich ausschliessen.
Bisher schätzen Fachleute die technischen Massnahmen zur Absicherung sensibler Daten bei der deutschen Corona-Warn-App als positiv ein. Wie bei der Schweizer Corona-App setzt man auch in Deutschland beim Tracing-Tool nach längeren Diskussionen auf einen dezentralen Ansatz.
Beim App-Start können dann Personen mit neueren Smartphones die Warn-App zur freiwilligen digitalen Nachverfolgung von Kontaktpersonen herunterladen. «Gerade Journalistinnen und Journalisten muss jedoch bewusst sein, dass auch diese App ein zusätzliches Risiko für die digitale Sicherheit darstellt. Zumindest bei vertraulichen Treffen sollte man das Handy am besten gar nicht erst mitführen, erst recht nicht mit laufender Tracing-App», warnt der Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen.
Wie in der Schweiz gibt es auch in Deutschland bei den Menschen eine gewisse Skepsis gegenüber der neuen App. Sie werde aber von einer Mehrheit installiert, wenn Datensicherheit, Freiwilligkeit, der Verzicht auf die Ermittlung von Standortdaten und ein eindeutiges Enddatum gegeben seien, wie Meinungsumfragen zeigten.
Auch bei diesem IT-Projekt birgt die Einbindung externer Dienstleister Gefahren. Denn wegen mangelnder technischer Ausstattung werden viele Labore Testergebnisse nicht innerhalb der App übermitteln und bestätigen können. Nutzer müssten dann erst über eine Telefon-Hotline ihr Testergebnis bestätigen, um ihre Kontakte mittels der App über ihre Erkrankung zu informieren.
Rechtlich können Risiken bezüglich des Datenschutzes nicht vollständig ausgeschlossen werden, was Journalistinnen und Reporter aber vor Herausforderungen stellt. Denn allein schon die Information eines Treffens zwischen Personen kann bei Berufsgeheimnisträgern schützenswert sein.
Ob die Freiwilligkeit der Nutzung und die Zweckbegrenzung der Anwendung durch ein eigenes Gesetz gesichert werden sollten, steht unter anderen auch für Reporter ohne Grenzen weiterhin im Raum.
Ganz im Gegensatz zur deutschen Regierung, die die bestehende Gesetzgebung für ausreichend hält. Wobei die Bundesregierung auf die technischen Vorkehrungen innerhalb der App verweist, die eine nachträgliche Zweckerweiterung, etwa zur Kontrolle von Quarantänebestimmungen, ausschliessen sollen.
An der deutschen Corona-Warn-App arbeiten der Software-Konzern SAP und die Deutsche Telekom.