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Donnerstag
03.04.2003

Die einst für ihre Unparteilichkeit und Präzision berühmte «alte Tante BBC» muss sich in diesen Tagen allerhand gefallen lassen. Für die einen steht das Kürzel der British Broadcasting Corporation neu für «Bagdad Broadcasting Corporation», für die anderen ist es die «Bush Broadcasting Corporation». In diesen Wortspielereien zeigt sich, dass der pausenlose TV-Krieg die bewährten Prinzipien von Akkuratesse, Objektivität und Glaubwürdigkeit auf eine harte Probe gestellt hat, räumen die Chefs des führenden britischen Senders ein. «Die Schwierigkeit mit einem 24-Stunden-Nachrichtenkanal ist, dass wir während der Sendung herausfinden müssen, was stimmt und was nicht», gab Nachrichtendirektor Richard Sambrook (46) in der Tageszeitung «Independent» zu.

Im erstmaligen direkten News-Wettkampf mit CNN und dem britischen Murdoch-Sender Sky News macht BBC News 24 nach Ansicht von Medienbeobachtern durchaus einen Lernprozess durch. Schon jetzt ist zu merken, dass Beiträge von übereifrigen Korrespondenten, die mit Gasmaske ihren Text sprechen oder den Zuschauer während einer halsbrecherischen Militärexpedition informieren, seit den ersten Kriegstagen eher in die zweite Reihe gerückt sind. Immer häufiger werden stattdessen Frontberichte durch Analysen bewährter Korrespondenten vor Ort oder im Studio ergänzt. «Wir werden so scharf unter die Lupe genommen wie noch nie», bemerkt Sambrook.

Viel Kritik hat die BBC dafür einstecken müssen, dass sie in den ersten Kriegstagen allzu häufig voreilige Berichte über angebliche «Volksaufstände» im Irak, über vermeintliche Front-Erfolge oder Gegenoffensiven stillschweigend zurückziehen musste. So waren im Fall des angeblichen Vorrückens einer irakischen Panzerkolonne bei Basra die Radarbilder vom Militär «falsch interpretiert» worden. Zuschauer kritisierten, sie fühlten sich durch die ständig aktualisierten Nachrichten-Schnipsel eher verwirrt als informiert - eine Feststellung, die allerdings bei allen News-Sendern zu machen ist.

Allerdings werde es lange dauern, «bis wir alle Auswirkungen dieser neuen Art der Berichterstattung wirklich verstanden haben», fügte Sambrook im «Independent» hinzu. Dazu gehöre im Kriegsfall die «Nähe» der Journalisten zum Militär ebenso wie die Tatsache, dass die Menschen am Bildschirm «ihre Söhne kämpfen sehen können.» Dass es in dieser gefühlsbeladenen Situation schwer ist, es allen recht zu machen, hat die BBC schmerzlich erfahren. Während die liberale Presse dem Sender die ungeprüfte Übernahme von «Kriegsterminologie» vorwarf, kritisierte die Labour-Regierung die angebliche «Vernachlässigung des Gesamtzusammenhangs».

«Aus den Fernsehberichten ist schwer zu entnehmen, dass wir gewinnen», beklagte sich Verteidigungsminister Geoff Hoon. Labour-Geschäftsführer John Reid beschimpfte die BBC sogar offen als «Freund von Bagdad.» Darauf konterte Andrew Marr, politischer Chefkorrespondent der BBC, die Regierenden hätten ein «Problem» mit dem Fortschritt der Nachrichtentechnologie. «Sie können zwar kontrollieren, wohin die Reporter gehen, aber sie können nicht kontrollieren, was die Reporter sehen», sagte Marr.