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Sonntag
20.03.2016

Medien / Publizistik

«Literatur ist nicht irgendein `Content`»: Weil internationale Grosskonzerne wie Amazon, Google, Apple oder Facebook auch als Buchhändler immer mehr an Bedeutung gewinnen, fordern Autorenverbände aus der Schweiz, Österreich und Deutschland einen besseren Schutz für Autoren, Übersetzer, Leser und nicht zuletzt für die literarischen Werke an und für sich.

«Die digitale Welt enthält für Autorinnen und Autoren Chancen und Risiken», so beginnt die Mitteilung von Kulturgut Buch - Eine Erklärung der Verbände Autorinnen und Autoren der Schweiz (AdS), dem Verband Deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller (VS), dem Bundesverband Junger Autorinnen und Autoren (BVjA) sowie der Interessengemeinschaft österreichischer Autorinnen und Autoren (IG). Somit stehen sämtliche relevanten Autorenverbände aus der DACH-Region hinter dieser Erklärung.

Eröffnet die digitale Welt Autorinnen und Autoren einerseits neue Chancen - etwa die Möglichkeit von Self-Publishing, Book-on-Demand oder Blogdiensten - lauern auf der anderen Seite zahlreiche Risiken: Denn mit Amazon, Google, Facebook oder Apple treten internationale Grosskonzerne an die Stelle der klassischen Buchhändler. Amazon ist mittlerweile zu einem der grössten Buchhändler überhaupt aufgestiegen.

«Autorinnen und Autoren unterliegen dadurch einem Vertragsdiktat nach dem Motto: `take it or leave it`», sagt Nicole Pfister Fetz, Geschäftsführerin des Verbandes AdS, gegenüber dem Klein Report. Verwertungserlöse gehen dadurch zunehmend an die Intermediäre, während der Anteil für die Autorinnen und Übersetzer selber immer kleiner wird. Deshalb fordert Kulturgut Buch die Stärkung des Urheberrechts: «Der Druck auf Urheber wird immer grösser, die Tendenz geht in die Richtung dass alles gratis, alles `open-source` sein soll», zeigt sich Pfister Fetz besorgt. «Es braucht eine gesetzlich verankerte Entschädigung für den Autor.»

Aber nicht nur Schriftsteller sehen sich mit neuen Gefahren konfrontiert: «Mit der Kontrolle des Leseverhaltens bei elektronischen Lesegeräten durch sogenannte Tracking-Methoden werden auch Leserinnen und Leser zunehmend dem rein ökonomischen Kalkül von Intermediären unterworfen», erklärt Kulturgut Buch weiter. So wäre es etwa möglich, je nach Leseverhalten die Buchpreise anzupassen oder gewisse Literatur gar nicht erst zugänglich zu machen.

«Die Beziehung zwischen dem Leser und dem Text muss geschützt werden. Das betrifft den Verbraucherschutz, die Privatsphäre und auch die Meinungsfreiheit», erklärt Pfister Fetz weiter. Amazon, das mit dem Kindle ebenfalls einen E-Reader anbietet, verfolgt das Leseverhalten sogar dann, wenn man offline ist. Dazu willigt der Leser automatisch ein, wenn er die AGB akzeptiert hat.

Pfister Fetz befürchtet, dass die Literatur insgesamt bedroht sein könnte: «Der Druck auf die Autoren wird grösser, auf Clicks und Likes angepasst zu schreiben. Nischenprodukte verschwinden zunehmend», zieht sie ein trauriges Fazit. Genau deshalb fordert Kulturgut Buch gesetzliche Rahmenbedingungen, die Schriftsteller, Übersetzer und Leser besser schützen. «Nach der Unesco-Konvention über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen ist es Aufgabe der Staaten, diese Vielfalt zu fördern und zu schützen.»