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Sonntag
29.12.2024

Medien / Publizistik

Noch nicht mal im Job und darf schon am Rad der deutschen Geschichte drehen: designierter «Welt»-Chefredaktor Jan-Philipp Burgard (r.)...    (Bild Screenshot Welt Online)

Noch nicht mal im Job und darf schon am Rad der deutschen Geschichte drehen: designierter «Welt»-Chefredaktor Jan-Philipp Burgard (r.)... (Bild Screenshot Welt Online)

Elon Musk hat seine Giftpfeile in der «Welt am Sonntag» (WamS) platziert. Nach einem Gastbeitrag des umstrittenen Tech-Milliardärs und Trump-Vertrauten kam es zu heftigen Auseinandersetzungen auf der Redaktion.

Musk warb erneut für die Alternative für Deutschland (AfD) und er sieht Deutschland am Rande des wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenbruchs. Bereits vor Weihnachten plapperte der Besitzer von X auf seiner eigenen Plattform, dass nur die AfD den Abstieg Deutschlands verhindern könne.

«In einem Text, den der Unternehmer Musk Welt am Sonntag zur Verfügung stellte, versuchte er, diese Aussage zu begründen», schreibt die zum Axel-Springer-Konzern gehörende Zeitung. «Es ist ein Text, der zu Widerspruch aufruft. Diese Erwiderung übernimmt Jan Philipp Burgard», reagiert das Blatt auf die Einmischung Musks in die deutsche Politik, die am 23. Februar 2025 vor Neuwahlen steht.

Der designierte «Welt»-Chefredaktor Jan Philipp Burgard, der am 1. Januar 2025 auf Ulf Poschardt folgt, verteidigte die Veröffentlichung in einem Meinungsbeitrag unter dem Titel «Warum Elon Musk auf die AfD setzt – und warum er dabei irrt».

Musk findet die Standpunkte der AfD bei der Wirtschaftsbelebung, der Migration und Energieversorgung richtig. Er sieht die Partei dem «politischen Realismus» verpflichtet und er versteigt sich zur Aussage, dass die Darstellung der AfD als rechtsextrem eindeutig falsch sei und setzt noch einen obendrauf, indem er das mit der offen lesbisch lebenden AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel verbindet, die eine gleichgeschlechtliche Partnerin aus Sri Lanka habe.

Anstatt Neo-Chefredaktor Burgard hätte aus Sicht des Klein Reports eigentlich Mathias Döpfner eine Replik geben müssen. Das wäre nun die Zeit für den Vorstandsvorsitzenden und Mitbesitzer des Axel Springer Konzerns und ehemaligen «Feuilleton»-Mitarbeiter der «Weltwoche», der sich in der Vergangenheit mit pointierten Meinungsäusserungen nicht zurückgehalten hat.

Wenn schon so wenig Gatekeeping da ist, dann wenigstens: «Helm auf, hier schreibt der Chef persönlich!» Redaktionsintern heisst es, Döpfner habe die Veröffentlichung des Beitrags trotz Kritik durchgesetzt.

Jan Philipp Burgard wiederum gibt sich tapfer Mühe und findet beispielsweise, dass Musks Diagnose korrekt sei, aber dessen Therapieansatz mit der AfD, nur sie könne Deutschland retten, fatal falsch sei. Die Partei sei eine «Gefahr für unsere Werte und unsere Wirtschaft. Auch ein Genie kann sich irren», schreibt der Journalist.

Bereits deutlich Haltung hat die Chefin des Meinungsressorts Eva Marie Kogel gezeigt. «Ich habe immer gerne das Meinungsressort von Welt und WamS geleitet. Heute ist in der Welt am Sonntag ein Text von Elon Musk erschienen. Ich habe gestern nach Andruck meine Kündigung eingereicht.»

Durch die äussere Einflussnahme während einer Wahlperiode kommt noch ein ganz anderer wichtiger Punkt hinzu, der nichts mit dem Gerede und den Gegenreden zur Meinungsäusserungsfreiheit zu tun hat.

Der Klein Report zitiert hier den deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier zur Ankündigung der Neuwahlen in Deutschland am 27. Dezember: «Ich erwarte auch, dass der Wahlkampf mit fairen, mit transparenten Mitteln geführt wird. Einflussnahme von aussen ist eine Gefahr für die Demokratie – sei sie verdeckt, wie kürzlich offenbar bei den Wahlen in Rumänien, oder offen und unverhohlen, wie es derzeit besonders intensiv auf der Plattform X betrieben wird. Ich wende mich entschieden gegen alle äusseren Einflussversuche. Die Wahlentscheidung treffen allein die wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger in Deutschland.»