Die Obeliscum GmbH berät die Kantons- und Stadtbehörden bei der Bewirtschaftung ihrer Plakatflächen. Vor Kurzem hat die Firma bei ihren Kunden eine Umfrage durchgeführt – mit dem wissenschaftlichen Sigel der HBM Unternehmerschule der Universität St. Gallen (HSG). Das sorgt für Kritik.
«Kennen Kantone, Städte und Gemeinden den Wert der Werbeflächen auf öffentlichem Grund? Wissen die Verantwortlichen, über welche Werte sie verfügen, insbesondere im Zeitalter der digitalen Aussenwerbung?», lauteten die suggestiven Fragen, mit denen die Obeliskum GmbH aus Zollikon und die St. Galler Henri B. Meier (HBM) Unternehmerschule Mitte Juni per Kommuniqué auf eine gemeinsame Studie aufmerksam machten.
Das Kommuniqué kam, obwohl zu diesem Zeitpunkt das Universitätsinstitut und das Privatunternehmen den Fragebogen zu ihrer Plakatstudie bereits an rund 150 Behördenstellen versendet hatten.
Die beiden Studienmacher stützten ihre Studie auf einen fast zehnjährigen Behördenbericht: Darin empfahl der Eidgenössische Preisüberwacher den Gemeinden, «für funktionierende Ausschreibungsverfahren zu sorgen, damit mittelfristig die Endkundenpreise unter Druck geraten».
Eine Umfrage sei nämlich zum Schluss gekommen, dass die Allgemeine Plakatgesellschaft (APG) über eine «marktbeherrschende Stellung bezogen auf den Markt für Plakataushang auf öffentlichem Grund» verfüge. «Die auch von der Wettbewerbskommission erhoffte Belebung der Wettbewerbssituation ist bisher ausgeblieben», konstatierte der Bericht des Preisüberwachers im Januar 2012.
«Funktionierende Ausschreibungsverfahren», wie sie der Preisüberwacher damals verlangte – genau damit verdient die Obeliscum GmbH unter anderem ihr Geld. Die 2019 gegründete Firma vertritt nach eigenen Angaben die «Interessen der Plakatbesitzer», seien es Kantone oder Städte, Shopping-Center oder Verkehrsbetriebe. Das Unternehmen verspricht ihnen, bei der «Optimierung» der bestehenden und der Etablierung neuer Werbeflächen beratend zur Seite zu stehen.
Hinter der jungen GmbH stehen der IAB-Switzerland-Präsident David Burst, der Marketing-Spezialist Holger Haedrich und der Media-Berater Andy Lehmann. Alle drei sind laut Handelsregister als «Gesellschafter und Geschäftsführer» eingetragen; Burst fungiert in der Geschäftsführung als Vorsitzender.
Holger Haedrich wiederum ist ein alter Kumpel von Christoph A. Müller, der als Co-Direktor die Fäden der HBM Unternehmerschule führt – jenem Weiterbildungsinstitut der Uni St. Gallen also, das gemeinsam mit der Obeliscum GmbH vor Kurzem die Umfrage unter den Stadt- und Kantonsbehörden respektive unter den (potenziellen) Obeliscum-Neukunden durchgeführt hat.
Müller und Haedrich kennen sich «seit circa 25 Jahren von gemeinsamen Projekten beim damaligen Institut für Marketing an der HSG», wie HSG-Professor Christoph A. Müller auf Nachfrage des Klein Reports sagt. «Wir machen immer wieder mal eine gemeinsame Studie oder auch gemeinsame Seminare.»
Haedrich trägt einen Doktorhut der HSG in Marketing und einen Titel als «Dipl.-Ing.» der Technischen Universität Berlin in Nachrichtentechnik. Seit 1997 bietet er Marketing-Analyse und Marketing-Software an. Seine Firma heisst Memo St. Gallen AG. Präsident des Verwaltungsrats: Christoph A. Müller.
Gegenüber dem Klein Report sagt Müller: «Die Studie wurde durch die Obeliscum GmbH und mich gleichermassen initiiert. Ziel ist es, die Problematik der Marktkonzentration und Oligopole in bestimmten Märkten zu hinterfragen.»
Obwohl das Thema vom Preisüberwacher bereits 2012 aufgegriffen wurde, habe es laut Müller «keine grosse Veränderung im Markt» gegeben. Mit der Studie entstehe nun eine «neutrale Erhebung inklusive DACH-Vergleich».
Zwischenbemerkung des Klein Reports: Ganz so unbeweglich ist der Aussenwerbemarkt bei Weitem nicht. Soeben wurde zum Beispiel der Grossauftrag der Zürcher Verkehrsbetriebe (VBZ) an Neoadvertising vergeben. Die Tochter der TX-Group übernimmt den Etat mit Garantiezahlungen nicht etwa von der APG, sondern von Clear Channel.
Bei den Aussenwerbevermarktern ist die gemeinsame Forschungs- respektive PR-Offensive von Obeliscum und HBM Unternehmerschule zum Teil auf Stirnrunzeln gestossen. Gemäss Recherchen des Klein Reports fragen sich manche, weshalb sich ein Institut der renommierten St. Galler Wirtschafts-Uni für die Kundenakquise eines Privatunternehmens vor den Karren spannen lasse.
«Sowohl die Obeliscum GmbH als auch die HSG sind komplett neutral und keinem Vermarkter verpflichtet», sagt Christoph A. Müller zu der Kritik.
«Zudem gelten bei Studien dieser Art zwei wichtige Regeln: Zu Beginn offen kommunizieren, wer die Projektpartner sind. Zum Schluss die Ergebnisse veröffentlichen, sodass jede und jeder sich damit befassen kann. Beides wird hier eingehalten.»