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Sonntag
28.05.2023

Werbung

Auch Nike müsste seinen ikonischen Slogan in die beiden Bieler Amtssprachen übersetzen: «Tun Sie es einfach!» respektive «Fais-le c'est tout!»... (Bild Screenshot Youtube)

Auch Nike müsste seinen ikonischen Slogan in die beiden Bieler Amtssprachen übersetzen: «Tun Sie es einfach!» respektive «Fais-le c'est tout!»... (Bild Screenshot Youtube)

Am 18. Juni kann die Stimmbevölkerung von Biel darüber entscheiden, ob Werbeplakate künftig zweisprachig daherkommen müssen. Im Vagen bleibt, was die neue Regelung konkret bedeuten würde.

Ins revidierte Reklame-Reglement soll unter Artikel 5 neu folgende Regelung aufgenommen werden: «Alle Reklamen müssen, gestützt auf die in der kantonalen Verfassung verankerten und in der Stadt Biel geltenden Prinzipien zur Zweisprachigkeit, in den beiden offiziellen Amtssprachen konzipiert werden.»

Am Freitagvormittag hat an einer Pressekonferenz in Biel ein Komitee, dem unter anderem die lokalen Parteisektionen von SVP, FDP und GLP angehören, unter der Federführung von Aussenwerbung Schweiz (AWS) und Schweizer Werbe-Auftraggeberverband (SWA) die Nein-Kampagne eröffnet. 

Für das Komitee ist klar: Die neue Regelung überspannt den Bogen bei Weitem. Von den Werbetreibenden zu verlangen, ihre Plakate in Biel künftig konsequent in den beiden Amtssprachen zu «konzipieren», bedeute, dass andere Sprachen wie Italienisch oder Englisch damit in Zukunft «faktisch verboten» würden. 

Tatsächlich könnte sich selbst ein deutschsprachiger Fan des EHCB für dumm verkauft vorkommen, wenn unter dem eingespielten Slogan seines Clubs «Ici c’est Bienne!» in Zukunft auch noch die Übersetzungshilfe «Hier ist Biel!» zu lesen wäre. 

Gerade das Genre der Werbe-Slogans, dieser pointierten Verkaufspoesie, die so gerne mit Mehrdeutigkeiten und Sprachrhythmen spielt, lässt sich oft nicht einfach so in eine andere Sprache übersetzen, ohne dass Witz und Würze verloren gehen. 

Betroffen vom Zweisprachigkeits-Gebot wären laut Nein-Komitee auch Unternehmen wie Nespresso mit dem fast schon ikonischen «What else?» oder Omega mit «Mission to Moon». Ganz zu schweigen vom Turnschuh-Weltmeister Nike: «Tun Sie es einfach» respektive «Fais-le c'est tout!» – merken Sie was?

«Daran haben die Verfasser des Reglements wohl nicht gedacht und staunen jetzt ein wenig über den Widerstand aus einem überparteilichen Komitee, der Wirtschaft und selbst vom EHCB», sagte Nadja Mühlemann, Geschäftsführerin AWS und Co-Leitung des Nein-Komitees, an der Pressekonferenz am Freitagvormittag.

Obwohl genau diese Argumente in den Einsprachen von SWA und APG ins Feld geführt worden seien, habe die Stadtverwaltung den «zwanghaften Artikel 5» zur Zweisprachigkeit nicht aus dem Reglement genommen und war in diesem Punkt zu keinerlei Kompromissen bereit.

Der Bieler Gemeinderat sieht die Sache entspannter. Und lässt die konkreten Auswirkungen des neuen Zweisprachigkeits-Gebots im Vagen.

In seinem Bericht an den Stadtrat stellt sich das Gremium auf den Standpunkt, dass der umstrittene Artikel 5 «die in Biel geltenden Grundsätze zur Zweisprachigkeit im Reklame-Reglement verankert – auf Basis der Kantonsverfassung (Art. 6) und des Gesetzes über das Sonderstatut des Berner Juras und über die französischsprachige Minderheit des zweisprachigen Amtsbezirks Biel vom 13. September 2004».

Letzteres sieht vor, dass die Einwohnergemeinden Biel und Leubringen der Zweisprachigkeit bei der Erfüllung ihrer Aufgaben «Rechnung tragen» und «Massnahmen treffen können», um den Schutz und die «Förderung der Zweisprachigkeit» sicherzustellen. 

Ausserdem, argumentiert der Gemeinderat weiter, seien in den letzten Jahren mehrere parlamentarische Vorstösse lanciert worden, die verlangten, Reklamen, welche vom öffentlichen Grund aus einsehbar sind, in beiden Amtssprachen anzubringen.

Auch eine Verletzung des Verhältnismässigkeitsprinzips, wie es APG und SWA monierten, kann der Gemeinderat nicht erkennen. «Die Formulierung der ‚zweisprachigen Konzipierung‘ lässt einen Spielraum für eine angemessene und verhältnismässige Umsetzung.»

Worin genau dieser Spielraum besteht und wie viel Luft es zwischen «Konzipierung» und «Umsetzung» tatsächlich geben wird, lässt der Gemeinderat in seinem Bericht im Unklaren.

Ausser Zweifel dagegen steht, dass das Reklame-Reglement nur baubewilligungspflichtige Plakate betrifft. Temporäre Plakate für Kultur-Events, Wahlen und Abstimmungen fallen nicht darunter.

Ein schwacher Trost für die Werbetreibenden mit ihren knalligen Slogans, findet der Klein Report.