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Dienstag
14.02.2023

TV / Radio

Die Coaches und Mitarbeitenden rund um den Geschäftsleiter: Patrick Frank (l.), Markus Humbel (Chef), Sven Prausner, Dirk Scharrenbach, Janna Gerson, Brigitte Müller, Beate Reuther, Ninja Weder, Roman Weber, Alexander Bartels…       (Foto: FocusMedia)

Die Coaches und Mitarbeitenden rund um den Geschäftsleiter: Patrick Frank (l.), Markus Humbel (Chef), Sven Prausner, Dirk Scharrenbach, Janna Gerson, Brigitte Müller, Beate Reuther, Ninja Weder, Roman Weber, Alexander Bartels… (Foto: FocusMedia)

Im Jahre 1996 war JobTV als ein öffentlich finanziertes Qualifizierungs- und Beschäftigungsprogramm für arbeitslose Medienleute gegründet worden. Unter dem Label «JobTV» wurden Magazin-Beiträge zu Themen aus der Arbeitswelt produziert.

Dank einer authentischen Sicht der selber betroffenen Arbeitslosen wurde der Content in den Anfängen des Lokalfernsehens von TeleZüri und TeleBärn, später dann auf Tele24 und weiteren Regionalsendern gerne ins Programm genommen. Die Beiträge wurden nicht nur von regelmässig 100'000 Zuschauenden geschätzt. Auch von den Sendern, denn die Reportagen wurden von JobTV gratis zur Verfügung gestellt.

Heute müsste JobTV für eine solche Ausstrahlung bezahlen, erklärte JobTV-Gründer Kurt Reinhard bei einem Jubiläums-Event Ende Januar im Zürcher Kino Riff Raff. Bei dieser Gelegenheit wurde auch sein Dokumentarfilm «Mutmacher seit 1996» über die Geschichte von JobTV uraufgeführt. Rund 3'000 stellensuchende Medienleute haben bis jetzt die Dienste dieser Arbeitslosenhilfe in Anspruch nehmen können.

Inzwischen heisst das Unternehmen FocusMedia und die Geschäftsleitung wird seit 2018 von Markus Humbel verantwortet. Er muss die Idee in eine völlig veränderte Zukunft führen.

Der Klein Report hat im Anschluss an die Jubiläumsveranstaltung mit Markus Humbel über seine Pläne und Herausforderungen gesprochen.

Seit über einem viertel Jahrhundert unterstützt JobTV und neu jetzt FocusMedia Stellensuchende aus der Medien- und Kommunikationsbranche, sich beruflich weiterzuentwickeln. Die Medien haben sich in dieser Zeit stark verändert. Was bedeutet das für eure Arbeit?
Markus Humbel:
«Wir verstehen uns heute als Plattform für Wissenstransfer, Networking und praktisches Training. Das ist eine grundlegende Haltungsänderung. Nicht nur wir vermitteln Wissen und Skills an die Teilnehmenden, sondern wir ermöglichen den Teilnehmenden, dass ihre Skills für alle anderen Teilnehmenden sichtbar sind, sodass sie sich gegenseitig vernetzten und unterstützen.»

FocusMedia konnte seinen Leute mit dem Magazin «JobTV» auf verschiedenen Lokalsendern oder mit Auftragsfilmen wertvolle Erfahrungen in der realen Arbeitswelt bieten. Das ist weggefallen. Wo können sich die Teilnehmenden heute beweisen?
Humbel: «Mit Social Media haben alle die Möglichkeit, sich selbst oder über ein Thema zu publizieren, und zwar in dem Kontext, wie das Publizieren heute zum grossen Teil stattfindet. Das ist einerseits interessant, weil man damit die Skills für Social-Media-Produktion trainieren kann und andererseits, weil die digitale Präsenz je länger je mehr dem klassischen CV der Rang abläuft – vor allem in der Medien- und Kommunikationsbranche.»

Social Media ist zum grossen Buzz-Wort geworden. Welche Weiterbildungsmöglichkeiten kann FocusMedia in diesem Bereich anbieten?
Markus Humbel:
«So ziemlich die ganze Palette von hochformatigen Handymovies, Schnitt- und Animationsapps, SoMe-Storytelling, Multichannel-Publishing, Community Building über DAAL-E, stable diffusion, Midjourney bis ChatGPT und vieles mehr. Aktuell sind wir daran, ein Videopodcast-Studio einzurichten, und fast im Wochentakt kommen neue Tools hinzu. Das Tempo ist gewaltig und das ist auch der Grund, weshalb die Plattform der einzig richtige Weg ist, denn wir müssen sehr anpassungsfähig sein und bleiben. Kommt jemand mit einem Bedürfnis, schauen wir, ob wir den Skill im Team oder bei einem oder einer Teilnehmenden haben. Falls nicht, laden wir externe Experteninnen und Experten zu uns ein… Entweder vor Ort oder via Zoom.»

Sie wurden als Nachfolger von Kurt Reinhard vorgestellt, der das Unternehmen 25 Jahre lang geprägt hat. Was sind Ihre Pläne für die kommenden Jahre?
Humbel:
«Ich wurde bereits im Dezember 2018 vom Vorstand als Geschäftsführer eingestellt mit dem Auftrag, die Organisation fundamental neu auszurichten. Insofern ist die strategische Neuausrichtung seit gut einem Jahr vollzogen. Der dreijährige Change Prozess war heftig und es blieb kein Stein auf dem anderen, was aber dringend nötig war. Im Zentrum der Neuausrichtung war die Glaubwürdigkeit bei den Teilnehmenden. Sie ist und bleibt die oberste Priorität! Das setzt voraus, dass wir einerseits unsere eigenen Kompetenzen und Möglichkeiten sehr genau einschätzen und transparent – auch über unsere Grenzen – kommunizieren. Unsere Klientel ist anspruchsvoll und bringt enorm viele Skills und Erfahrung mit.»

Was gibt es für konkrete Neuerungen?
Markus Humbel:
«Eine der wichtigsten Neuerungen bei FocusMedia ist, dass wir diesen Skills und Erfahrungen der Teilnehmenden bei FocusMedia eine sichtbare Plattform geben, sodass alle Teilnehmenden voneinander wissen, wer was kann. ‚Peer-to-Peer Coaching‘ und ‚sharing is caring‘ leben wir mittlerweile aktiv bei FocusMedia und das funktioniert super! Genauso wichtig ist die Kultur, und die hängt natürlich eng mit der Glaubwürdigkeit zusammen. Wir begegnen den Teilnehmenden auf Augenhöhe.»

Was ist Zukunftsmusik?
Humbel:
«Für die kommenden Jahre gilt es einerseits, diese Kultur zu stabilisieren, und andererseits eine Ausstrahlung zu schaffen, die in der Medien- und Kommunikationsbranche wahrgenommen und entsprechend honoriert wird. Das Ziel ist, unsere Bekanntheit so weit aufzubauen, dass Recruiter aus der Medien- und Kommunikationsbranche bei uns anrufen, bevor sie eine Stelle ausschreiben. Ein weiteres Ziel ist, dass wir zu HR-Themen bezüglich Weiterbildung in der Medien- und Kommunikationsbranche zu einem relevanten Partner werden von Fachverbänden et cetera. Wir möchten als Cutting-Edge Weiterbildungs- und Neuorientierungsorganisation wahrgenommen werden.»

Bei vielen Medien läuft aktuell ein Sparprogramm. Damit ist auch ein Stellenabbau angesagt. Spiegeln sich diese Entwicklungen bei der Anzahl von Interessenten, die bei FocusMedia Hilfe suchen?
Markus Humbel:
«Seit wir neu aufgestellt sind, sind wir praktisch immer ausgebucht und führen mittlerweile sogar wieder eine Warteliste. Das hat weniger mit den Sparprogrammen der Branche zu tun als mit der Tatsache, dass wir ein nationales Programm sind und ‚nur‘ 30 Plätze haben. Wenn man vor diesem Hintergrund ein gutes Empfehlungsmarketing hat, sowohl von den RAV-Beratern als auch von ehemaligen Teilnehmenden, dann ist die Auslastung gewährleistet.»

Wird es umgekehrt auch schwieriger, Stellensuchende wieder in die reale Arbeitswelt der Medien zurückführen zu können?
Humbel:
«Es ist ein schöner Zufall, aber Januar und ein Teil Februar dieses Jahres hatten wir eine Vermittlungsquote von 90 Prozent. Das ist ein Novum in der Geschichte der Organisation. Wir merken aber, dass wir einen Weg gefunden haben, wo die Teilnehmenden eine echte Perspektive bei uns finden und dadurch eine enorme Motivation entwickeln. Das ist einerseits der internen Auseinandersetzung mit Zukunftsthemen geschuldet und andererseits der Fähigkeit im Team, die Talente und Potenziale in den Teilnehmenden nicht nur zu sehen, sondern aktiv zu fördern. Der gute Teamspirit ist diesbezüglich matchentscheidend.»

Sie haben eine reiche Vergangenheit mit verschiedenen Gründungen von Firmen, vom Foodbereich bis zur Digitalbranche. Auch Aufmerksamkeitstraining, Resilienz oder Qi Gong gehören zu Ihren Kompetenzen. Was interessiert Sie persönlich bei Ihrem Job mit FocusMedia?
Markus Humbel:
«Die Kombination aus Potenzialentfaltung und Transformation, Innovation und Markenbildung sowie das kreative Medienschaffen scheint mir manchmal auf fast magische Art wie auf den Leib geschnitten. Last, but not least haben wir sogar einen eigenen Pingpong-Tisch, und damit wäre auch noch die letzte Leidenschaft im Paket inbegriffen… Wie gesagt, schon fast ein bisschen mysteriös.»