ARD und ZDF haben sich über die Auswahl der TV-Bilder durch die Europäische Fussball-Union (Uefa) bei der EM beschwert. «Natürlich haben wir die Erwartung, dass auch angesichts der brisanten gesellschaftspolitischen Lage alle relevanten Szenen im Weltsignal der Uefa enthalten sind», sagte ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz gegenüber dem deutschen Sport-Informations-Dienst. «Diese Erwartungshaltung haben wir auch klar formuliert.»
Auch die ARD wurde aktiv. «Wir haben die Uefa aufgefordert, uns solche Bilder kurzfristig zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus werden wir alles daransetzen, derartige Vorfälle mit eigenen Teams und Kameras zu dokumentieren - wie es uns am Samstag ja auch gelungen ist», sagte ARD-Teamchef Jörg Schönenborn gegenüber deutschen Medien.
Als es nach dem Spiel zwischen England und Russland auf den Tribünen des «Stade Vélodrome» in Marseille zu Ausschreitungen kam, war im deutschen Fernsehen fast nichts davon zu sehen, weil die Uefa in ihrem TV-Live-Signal grundsätzlich keine «brenzligen» Szenen zeigt. Dazu gehören auch Flitzer und das Abbrennen von Pyrotechnik.
Ein Uefa-Sprecher hatte dies am Wochenende damit begründet, dass so ein Nachahmungseffekt verhindert werden soll. Ausserdem verwies der Organisator darauf, dass es den Rechteinhabern freigestellt sei, eigene Kameras in den Stadien aufzustellen, die in der Bildauswahl natürlich völlig frei seien.
Das ZDF teilt diesen Standpunkt nur bedingt, wie die «Süddeutsche» schreibt. Zu einer ausgewogenen Berichterstattung «gehören nicht nur die Spielszenen, sondern auch alles, was abseits passiert», findet Sportchef Gruschwitz.
Theoretisch könnten ARD und ZDF bei ihren EM-Spielen bis zu zehn eigene Kameras aufstellen – das rentiere sich aber nur, wenn die deutsche Nationalelf spielt. «Bei den deutschen Spielen haben wir mehrere eigene Kameras im Stadion und wir können deshalb alle journalistisch relevanten Szenen zeigen», sagt Gruschwitz.
Die Uefa mag, was die Bildauswahl bei der EM bestimmt, sprichwörtlich am längeren Hebel sitzen. Doch beim Spiel zwischen Kroatien und der Türkei kam sie zu spät: Der Fan, der nach dem Tor-Kracher von Luka Modric aufs Spielfeld rannte und mit der kroatischen Mannschaft feierte, sahen Millionen von Fernsehzuschauern.