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Dienstag
07.01.2014

Medien / Publizistik

Medienauflauf in der Uniklinik Grenoble

Medienauflauf in der Uniklinik Grenoble

Die Berichterstattung der ARD über den Skiunfall von Ex-Rennfahrer Michael Schumacher ist beim Publikum nicht nur gut angekommen. Das gilt aber natürlich auch für die Schweizer Medien, in deren Kommentarspalten schon mal Unmut über die Präsenz Schumachers in der Presse kundgetan wurde.

Auf srf.ch etwa fragt ein Nutzer: «Wie lange wird uns diese Story noch vorgesetzt? Endlos, ich weiss ...» Auf 20minuten.ch meint ein anderer: «Andere Menschen erleiden dasselbe Schicksal, und keinen interessiert es. Wieso also über so etwas schreiben?»

Beim deutschen Staatssender ARD sah sich Kai Gniffke, erster Chefredaktor «ARD-aktuell» und «EinsExtra», nach den Reaktionen veranlasst, auf dem Blog des Senders Stellung zum Umgang mit dem Ereignis zu nehmen. Er wehrte sich dagegen, dass der öffentlich-rechtliche Sender Boulevard betreiben würde.

«Uns haben neben Solidaritätsbekundungen mit Schumacher und seiner Familie durchaus auch kritische Stimmen an unserer Berichterstattung erreicht», so Gniffke. «Darin stören sich Leute am Umfang der Berichterstattung und an der prominenten Platzierung innerhalb unserer Angebote. Manche sehen gar das Thema Schumacher als reines Boulevardereignis. Ich sehe das anders.»

«Wenn zwei Menschen das gleiche tun, ist es nicht das gleiche - dieser Satz gilt auch bei Nachrichten», schreibt der Chefredaktor. «Ich muss niemandem die herausragende sportliche Bedeutung von Michael Schumacher und seine aussergewöhnliche Popularität im In- und Ausland erläutern.»

Es würden wohl nicht alle Zuschauer die Begeisterung für den einstigen Formel-1-Champion teilen, gesteht der Chefredaktor ein, aber Millionen Menschen würden Anteil an seinem Schicksal nehmen. «Deshalb wäre es töricht von uns, wenn wir in diesen eher nachrichtenschwachen Tagen unsere Sendungen krampfhaft mit sogenannten B-Themen füllen würden», so Gniffke.

Tatsächlich sei Michael Schumacher ein ehemaliger Rennfahrer und kein Staatsmann. Aber sein journalistischer Kompass sage ihm, dass Schumacher in eine Kategorie populärer Persönlichkeiten gehöre, die eine umfangreiche Berichterstattung rechtfertigten, folgert er.

Es blieb nicht bei dem einen Blog-Eintrag von Gniffke. Einen Tag später, am Freitag, meldete er sich erneut im «Tagesschau»-Blog zu Wort. Denn im vorhergehenden Eintrag hatte er geschrieben, dass die ARD erst wieder über Michael Schumacher berichten werde, wenn es etwas Neues über den Gesundheitszustand gebe. Dennoch folgte am Freitag bereits wieder ein Bericht.

Dieser sei auf den Geburtstag Schumachers zurückzuführen. «Das ist an sich noch keine Meldung wert, aber die erneute Solidaritätswelle, die dieses Datum auslöste, schien uns den kurzen Bericht zu rechtfertigen», so Gniffke.

«Die ungeheure Resonanz zeigt, dass die Diskussion über die Schumacher-Berichterstattung fällig war und von vielen als hilfreich angesehen wird», schliesst er. Es seien «die kritischen Einlassungen, die uns weiterhelfen, weil sie uns zwingen, unsere Nachrichtenauswahl auf den Prüfstand zu stellen und zu begründen, warum wir wie berichten».