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Samstag
30.06.2018

Medien / Publizistik

Polizeichef William Krampf vor den Medien

Polizeichef William Krampf vor den Medien

Ein Todesschütze ist am Donnerstag ins Redaktionsbüro der «Capital Gazette» in Annapolis eingedrungen und hat fünf Journalisten getötet. Laut der Polizei handelt es sich um einen Racheakt.

«Es gibt nichts Schrecklicheres als zu hören, wie Menschen erschossen werden, während du unter deinem Tisch bist, und dann zu hören, wie die Waffe wieder geladen wird», schrieb ein Journalist auf Twitter. Als der Attentäter durch die Glastür ins Büro zu schiessen begann, versteckte er sich unter seinem Schreibtisch, wie er auf dem US-Fernsehsender CNN beschrieb.

Die Polizei konnte den Tatverdächtigen festnehmen. Der 38-jährigen Mann lebt in der Region. Offenbar um einen Abgleich seiner Fingerabdrücke zu verhindern, verstümmelte er sich nach der Tat die Finger. Durch Gesichtserkennung konnte die Polizei den mutmasslichen Täter identifizieren.

Die Behörden halten ihn für einen Einzeltäter. Seit Jahren kämpft er gerichtlich gegen die Lokalzeitung im US-Bundesstaat Maryland, wie Polizeichef William Krampf am Donnerstag in einer improvisierten Medienkonferenz andeutete: «Das ist das, was wir hören.»

Laut einem Pressesprecher der Polizeibehörde hatte der Mann «eine alte Rechnung mit der Zeitung offen». Es handle sich um eine «gezielte Attacke». Zu den Ergebnissen der Hausdruchsuchung, die die Polizei bei dem mutmasslichen Täter kurz nach der Tat durchführte, äusserte er sich nicht. 

Wie die «Washington Post» am Freitag dazu schrieb, verlor der mutmassliche Täter 2015 eine Diffamierungsklage gegen den Zeitungsverlag. Die «Capital Gazette» ist eine Tochterzeitung der «Baltimore Sun»; sie erscheint mit einer Auflage von 40 000 Stück. 

Die USA ist in jüngster Zeit von mehreren Schiessereien heimgesucht worden. Das war Öl ins Feuer der Debatten über eine Verschärfung des liberalen US-Waffengesetzes, die auch der jüngste Anschlag weiter verschärfen wird.

Ein Vertreter der Bezirksregierung, Steve Shuh, sagte in einem Video auf dem Newsportal wusa9.com, dass die Polizei vor Kurzem für solche Anschläge eine Übung durchgeführt hätten. Man hätte nicht besser vorbereitet sein können. Ohne eine reaktionsschnelle Einsatztruppe hätte es «viel schlimmer» enden können. Die Polizei sei nur 60 Sekunden nach Alarm vor Ort gewesen und hätte das Bürogebäude gestürmt, dabei seien 170 Menschen evakuiert worden.

US-Präsident Donald Trump, der die Medien häufig als «Volksfeinde» verunglimpft, twitterte umgehend: «Meine Gedanken und Gebete sind mit den Opfern und ihren Familien» und dankte den Polizeikräften für ihren Einsatz.

Nur Stunden nach dem Anschlag verstärkte zum Beispiel die «Washington Post», nur eine Autostunde vom Tatort entfernt, seine Türkontrollen. Auch die New Yorker Polizei stockte ihr Sicherheitsdispositiv für grosse Medienhäuser auf.

Es handle sich um den «schlimmsten Anschlag gegen Journalisten in den USA in den letzten Jahrzehnten», so die Einschätzung der «Washington Post» vom Freitag.