An einer FDP-Wahlveranstaltung liess Bundesrat Ignazio Cassis vor Kurzem fallen: «Ich lese keine Zeitungen mehr. Es nützt mir nichts. Sie geben mir nichts, absolut gar nichts... Und da ich sie nicht mehr lese, bin ich dreimal schneller.»
Gegenüber dem Klein Report nimmt Andrea Masüger nun Stellung. Masüger präsidiert seit September 2022 den Verband Schweizer Medien (VSM) und ist Delegierter des Verwaltungsrats der Somedia Press AG.
Wie steht der Verlegerverband zu den Aussagen von Ignazio Cassis?
Andrea Masüger: «Der Verlegerverband nimmt dies gelassen. Schon Bundesrat Ueli Maurer und die ehemalige SP-Präsidentin Ursula Koch sagten, sie würden keine Zeitungen mehr lesen. Ohne Zeitungen geht es aber nicht, alle Bundesrätinnen und Bundesräte lesen die Medienspiegel ihrer Departementsstäbe. Die Aussage ist daher also eher eine etwas unehrliche magistrale Reaktion auf irgendwelche Frustrationen mit einzelnen Medien. Bundesrat Cassis hat seine Aussage gegenüber der NZZ ja schon wieder relativiert und die Bedeutung der Presse betont. Alles ist also eher ein Sturm im Wasserglas.»
Wie sehen Sie es ganz persönlich als ehemaliger Journalist?
Masüger: «Für mich persönlich ist es unverständlich, dass sich Bundesräte und andere wichtige Politikerinnen und Politiker zu solchen öffentlichen Aussagen hinreissen lassen. Dies zeugt von einer gewissen Überforderung. Es ist klar, dass Politikerinnen und Politiker bisweilen Mühe mit den Medien haben (umgekehrt übrigens auch) oder sich ungerecht behandelt fühlen. Die meisten stehen aber über der Sache. Wer hyperempfindlich ist, sollte nicht in die Politik gehen.»
Was sind die Meinungen innerhalb des Verbandes zu dem «verbalen Ausrutscher» von Ignazio Cassis?
Andrea Masüger: «Wir haben uns im Verband darüber nicht ausgetauscht. Wir haben gerade Wichtigeres zu tun. Jeder wird sich seine Sache denken.»
Vermuten Sie Unterschiede zwischen den Deutschschweizer und den Tessiner Verlegern in der Wertung des Ausrutschers?
Masüger: «Vielleicht sieht man es im Tessin etwas dramatischer als in der Deutschschweiz, weil Ignazio Cassis ein Tessiner ist.»
Was erwartet der Verlegerverband nun von Bundesrat Ignazio Cassis?
Andrea Masüger: «Dass er bald einmal an einer Veranstaltung des Verbandes auftritt und wir darüber diskutieren können.»