Der Verein für Medienvielfalt hat knapp 100 Ausgaben der «Winterthurer Zeitung» vor und nach der Übernahme durch Christoph Blocher analysiert. Ergebnis: Die Zeitung sei deutlich politischer geworden und lege den Fokus ihrer Berichte verstärkt auf die SVP.
Von März bis August 2017, also vor der Blocher-Übernahme, waren laut Analyse noch 92 Prozent der redaktionellen Artikel unpolitisch oder politisch neutral. Nach dem Besitzerwechsel, von September 2017 bis Dezember 2018, sank dieser Anteil auf 47 Prozent.
Weiter schreibt der Verein um den emeritierten Zürcher Medienprofessor Heinz Bonfadelli, dass die SVP ihre Präsenz im gleichen Zeitraum von vier auf 30 Prozent ausgebaut habe. Besonders hoch sei der SVP-Anteil in Artikeln unmittelbar vor den Stadt- und Gemeinderatswahlen im März 2018 in Winterthur gewesen.
«Die Resultate haben uns in ihrer Deutlichkeit selbst überrascht. Die Kernaussage, dass die Zeitung deutlich politischer geworden und die SVP-Präsenz massiv angestiegen ist, kann nicht wegdiskutiert werden», sagte Matthias Erzinger, Medienverantwortlicher des Vereins für Medienvielfalt, am Dienstag dem Klein Report.
Die als Reaktion auf den Verkauf des Zehnder Verlags an Christoph Blocher gegründete Gruppierung zählt insgesamt sieben Mitglieder, die ehrenamtlich arbeiten. Darunter Erzinger, der gleichzeitig SP-Parteimitglied ist, wie er auf Nachfrage des Klein Reports offenlegte. Der Verein setzte sich zuletzt auch gegen die «No Billag»-Initiative ein.
Den speziellen Fokus auf die Blocher-Zeitung und die SVP begründete der Medienverantwortliche so: «Wenn man die Landkarte sieht und die Lokalmedien der Zeitungshaus AG, zeigt sich, dass sie faktisch die ganze deutsche Schweiz abdecken. Wenn dieses Imperium eine einheitliche politische Linie verfolgt, wird die Medienvielfalt stark eingeschränkt.»
Die Untersuchungen führte der Verein selber durch, weil für eine unabhängige Studie laut Erzinger das Geld gefehlt hätte. «Mit Heinz Bonfadelli haben wir einen ausgewiesenen Experten in unseren Reihen, der die Studie konzipiert und geleitet hat. Die ehrenamtlich geleisteten Arbeiten betrugen um die 150 Stunden.»
Bei der Analyse wollten Bonfadelli und Co. so unbefangen wie möglich an die Arbeit gehen. «Bei der Übernahme wurde von CEO Rolf Bollmann ausgeführt, die `Winterthurer Zeitung` werde ihre lokale Berichterstattung ohne politischen Hintergrund ausbauen. Eine Annäherung an die SVP sei `dummes Zeugs`. Diese Aussagen wollten wir überprüfen, um nicht selbst einfach ins Blaue hinaus zu argumentieren.»
Als Besitzer habe Blocher durchaus das Recht, die Zeitungen inhaltlich mitzubestimmen, sagte Matthias Erzinger dem Klein Report abschliessend. «Was wir primär kritisieren, ist die Tatsache, dass dieser Einfluss abgestritten respektive verharmlost wird.»