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Sonntag
20.02.2022

Medien / Publizistik

Anlass für die erneute Beratung war die Arbeitsdefinition von Antisemitismus der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA). (Bild Screenshot Prime News)

Anlass für die erneute Beratung war die Arbeitsdefinition von Antisemitismus der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA). (Bild Screenshot Prime News)

Das kommt nicht alle Tage vor: Der Schweizer Presserat hat eine Beschwerde gegen das Basler Online-Medium Prime News noch ein zweites Mal beraten. Und hält an seiner Rüge fest. Es ging um einen Antisemitismus-Vorwurf.

Anlass für die erneute Beratung war die Verabschiedung eines Postulatsberichts durch den Bundesrat am 4. Juni 2021. Der Bericht befasst sich mit den möglichen Anwendungsbereichen der Arbeitsdefinition von Antisemitismus der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA).

Der Presserat kam aber zum Schluss, dass die Arbeitsdefinition für die journalistische Praxis nur ein «bedingt taugliches Instrument» ist, wie das Gremium am Freitag schreibt. «Die Grundlage für seinen ersten Entscheid werde damit nicht verändert.»

Prime News hatte um eine Revision des Entscheids ersucht, welches das Plenum des Presserats abgelehnt hat. «Die erneute Beratung erfolgte unabhängig davon», sagte der Presserat.

Konkret ging es in der Kausa um die BDS-Bewegung (Boykott, Desinvestition, Sanktionen gegen Israel). «Heidi Mück blieb in Kontakt mit antisemitischer BDS», titelte Prime News am 30. Oktober 2020. Das Timing war brisant, befasst sich der Artikel doch mit der Kandidatur von Heidi Mück für den Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt und deren Nähe zur BDS-Bewegung. 

Diese Bewegung wurde in der Bildlegende als «antisemitisch» und im Text als «antisemitisch gefärbt» bezeichnet. Ein Zusatztext am Ende des Artikels trägt den Titel «Dafür steht BDS: Alter Judenhass in neuen Schläuchen». 

Hier habe der Journalist das Verhalten der BDS mit der Judenverfolgung durch die Nationalsozialisten im Dritten Reich in Verbindung gebracht, schreibt der Presserat. Dagegen hatte ein Mitglied von BDS Beschwerde erhoben.

Der Presserat hatte in seinem ersten Entscheid argumentiert, dass Prime News das Wahrheitsgebot des Journalistenkodex verletzt habe: Weil der Artikel «wahrheitswidrig Parallelen zwischen dem Judenhass der Nazis und den Aktivitäten der BDS» gezogen hätte. Und weil der Journalist es versäumt habe, den Vorwurf des Judenhasses, der schwer wiegt, zu begründen und zu relativieren.