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Montag
26.04.2021

TV / Radio

Ben Becker verteidigt seine Schwester Meret für ihr Mitmachen bei #allesdichtmachen. In einer Live-Schaltung während anderen Dreharbeiten sagt er auf «Bild TV» unzensuriert, sie solle sich von «Bild» nicht in eine rechte Ecke drängen lassen...

Ben Becker verteidigt seine Schwester Meret für ihr Mitmachen bei #allesdichtmachen. In einer Live-Schaltung während anderen Dreharbeiten sagt er auf «Bild TV» unzensuriert, sie solle sich von «Bild» nicht in eine rechte Ecke drängen lassen...

Grosser Aufruhr in den Medien. 53 Stars von Film und Funk haben sich in Deutschland in Ironie versucht und gemeinsam eine Videosammlung ins Netz gestellt.

In dieser haben sich die prominenten Nichtpolitikerinnen und Nichtpolitiker satirisch mit den Corona-Regeln der Regierung herumgeschlagen. Ihre Pointen haben die Falschen gepikt.

Die Rechte hat sich gefreut. Und die vorwiegend linken Akteure sind inzwischen verunsichert. In dieser Situation werden die Medien ihrer Aufgabe gerecht und versuchen, den Biss der Satire ein bisschen abzuschminken. Man will mit bewusst humorloser Sachlichkeit vermitteln.

Die «New York Times» titelte: «Es lief nicht gut». Die «Bild» analysierte: «Darum ist Liefers’ Kritik so wichtig!». Und der «Tages-Anzeiger» kommentierte: «Das zeigt: die Aktion war bitter nötig.»

Die Reaktionen in den Sozialen Medien spiegeln eine extreme Spreizung. Der Shitstorm überwiegt aber und wird so gewaltig, dass – Stand Samstagabend – mittlerweile 16 der 53 Protagonisten ihre Videos sperren liessen.

Und wie argumentieren die Betroffenen? Der Klein Report hat in der internationalen Sonntagspresse ein paar prominente Stimmen von Beteiligten wie auch Unbeteiligten recherchiert.

Fehlende Empathie bescheinigte den Beteiligten von #allesdichtmachen die Deutsche Stiftung Patientenschutz: Die Aktion sei «nach hinten losgegangen», stellte die Stiftung fest. «Denn wer sich über den Corona-Schutz lustig macht, zeigt kein Mitgefühl für 80’000 Corona-Tote, ihre Angehörigen und die sorgenden Menschen».

Filmproduzent Nico Hofmann: «Ich habe von dieser Initiative gewusst und vielen Schauspielerinnen und Schauspielern gesagt, dass sie damit insbesondere antidemokratischen Kräften eine Steilvorlage bieten. Es ist ein schmaler satirischer Grat. Und wer darauf ausrutscht, landet rasch im Abgrund, genauer gesagt im sehr rechten, antidemokratischen Milieu. Die Balance bei dieser Aktion ist für mich absolut danebengegangen.»

Günther Jauch, soeben von Corona wieder als «genesen» gemeldet, nimmt die Schauspieler in Schutz: «Einige der Künstler kenne ich seit Langem persönlich. Die sind jetzt todunglücklich über die Instrumentalisierung durch Coronaleugner und die AfD.»

Einige der Beteiligten hätten offenbar «besonders künstlerisch erscheinen» wollen, ergänzte Jauch: «Die haben dann in ihren Wortmeldungen zweite und dritte Ebenen eingezogen, die viele nicht verstanden haben.»

Dominic Deville: «Ich habe bis zum Schluss nicht geglaubt, dass das schon alles ist. Ich habe gehofft, dass es sich zu einem böhmermannschen Coup entwickelt und sich irgendwo eine Auflösung präsentiert. Leider ist das nicht passiert.»

Christian Kohlund, der mit seinem «Zürich-Krimi» bei der ARD einen Quoten-Hit gelandet hat, findet die Aktion «bireweich» und präzisiert: «Mir ist Corona ein viel zu ernsthaftes Problem, als dass ich mich auf teilweise derart ironische und zynische Art darüber äussern würde.»

«Ich finde die Aktion totalen Mumpitz, da sie die Nation noch mehr spaltet», sagt der frühere «Tatort»-Kommissar Stefan Gubser.

Filmproduzent Oliver Berben findet es im «Spiegel» zwar «grundsätzlich richtig», wenn verschiedene Positionen geäussert werden. «Ich bin mir jedoch nicht sicher, wie durchdacht diese Aktion war».

Der Dortmunder Regisseur Adolf Winkelmann wird im WDR noch etwas deutlicher: «Das, was da jetzt im Netz steht, passiert, wenn man Schauspielern das Drehbuch wegnimmt.»

Hinter der Aktion steckt laut Impressum der inzwischen nicht mehr erreichbaren Website allesdichtmachen.de Regisseur Bernd K. Wunder. Wunder fiel im vergangenen Jahr mit verharmlosenden Äusserungen zu Corona auf und machte sich auf seinem inzwischen auf privat gestellten Instagram-Account über seiner Meinung nach sinnlose Massnahmen lustig. Befürworter beschimpft er als «Coronazis».

Und für solche steht im Zentrum des Wut-Sturms Tatort-Star Jan Josef Liefers. Dieser wurde übel beschimpft und sogar als Verschwörungstheoretiker verunglimpft. Nachdem er sich am Freitag von Rechtsradikalen, Schwurblern und Querdenkern distanziert hatte, wurde er in die NDR-Sendung «3 nach 9» eingespielt. In der von Giovanni di Lorenzo moderierten Talkshow erhielt Liefers sogar Rückendeckung vom CDU-Parteichef und frisch gekürten Kanzler-Kandidat Armin Laschet.

Dieser hielt in der Sendung ein leidenschaftliches Plädoyer für die Meinungsfreiheit: «Man darf das sagen in einem freien Land. Man muss es nicht teilen. Man kann sagen, es ist geschmacklos, das mache ich nicht.» Und seine Beruhigungs-Spritze: «Was ganz schlimm ist: Wenn jemand so was sagt, immer gleich sagen, das ist rechts. Von diesen 50 ist keiner AfD, ist keiner rechts.» Es sei eben «berechtigt, auch die anderen Opfer der Pandemie zu nennen».

Und wie reagiert die Kanzlerin? Angela Merkel hat für Dienstag einen Austausch mit Vertretern der Kultur-Szene angekündigt.