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Dienstag
20.06.2006

Medien / Publizistik

Die Waadtländer Kantonalbank (BCV) bringt zusammen mit dem Wirtschaftsmagazin «Bilan» ein neues Finanzprodukt auf den Markt.

Das Magazin half der Bank, einen welschen Aktienkorb zusammenzusetzen. Diese Zusammenarbeit stösst auf Kritik. «Wir haben keine Finanzinteressen an diesem Produkt. Es gibt deshalb keinen Interessenkonflikt», verteidigte der stellvertretende Chefredaktor von «Bilan», Stéphane Benoit-Godet, das Engagement seines Magazins.

Das vom Verlag Edipresse herausgegebene Heft habe sich bloss an der Konzeption eines Produkts beteiligt, das Westschweizer Firmen unterstütze.

Konkret haben die «Bilan»-Wirtschaftsjournalisten die Banken abgeklappert und deren Börsenanalysten gefragt, welche Titel am besten in den Aktienkorb aufgenommen werden sollten. Zwölf Firmen kamen beim «Romandino» genannten Finanzprodukt zum Zug, darunter etwa Nestlé und Logitech, aber auch das Verlagshaus Edipresse. Die BCV-Finanzspezialisten haben danach eine Gewichtung der Titel vorgenommen. Die Bank wird das Zertifikat am 4. Juli emittieren. Geplant ist auch die Kotierung im Hauptsegment der Schweizer Börse. «Bilan» wird die Entwicklung des Zertifikats während der einjährigen Laufzeit redaktionell begleiten.

Für Journalist Christian Campiche, Mitbegründer des Vereins «Info-en-danger», ist eindeutig eine Grenze überschritten: «Das ist Vermögensverwaltung und kein Journalismus», erklärte er auf Anfrage. Aus berufsethischer Sicht sei es nicht akzeptabel, sich an der Lancierung von Finanzprodukten zu beteiligen. Äusserst suspekt sei dabei auch, dass Edipresse-Titel im Aktienkorb enthalten seien, sagte Campiche, der mit seinem Verein für mehr Ethik im Journalismus eintritt. Die Standesregeln schrieben eine strikte Trennung von Werbung und redaktionellen Inhalten vor, erinnert er an eine Grundregel des Journalismus.

Im vorliegenden Fall bestehe das Risiko, dass Negativmeldungen über Firmen, welche im Aktienkorb vertreten sind, beschönigt würden oder gar keinen Eingang in die «Bilan»-Seiten fänden.

Diese Meinung teilt auch Mathieu Fleury vom Berufsverband Impressum. «Bilan» müsse nun eine rigorose Selbstkontrolle ausüben, wie über solche Firmen berichtet werde. Benoit-Godet versichert, dass «Bilan» nicht entgleisen werde.

Durch diese Zusammenarbeit sei «Bilan» nicht stärker gebunden als an Werbekunden. «Bilan» habe vor einigen Jahren klare Berufsrichtlinien eingeführt, sagte Benoit-Godet. Vorgesehen ist etwa, dass Partnerschaften zwischen dem Magazin und anderen Firmen im Internet offengelegt werden. Über «Romandino» ist auf der «Bilan»-Website aber nichts Derartiges zu lesen. «Das rührt daher, dass wir in diesem Zusammenhang keinen Vertrag unterschrieben haben», rechtfertigt sich der stellvertretende Chefredaktor.