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Donnerstag
28.06.2012

Jetzt machen diese Freitags auch noch Bücher, und zwar genau so wie ihre Taschen, als eine kundenindividuelle Massenanfertigung. Allerdings ist und bleibt das ADC-Jahrbuch, für welches Daniel Freitag, Mitbegründer und Creative Director des Kultlabels Freitag, konzeptionell verantwortlich zeichnet, gleichwohl eine Rarität: Es erscheint ja einzig in diesem Jahr und es enthält in Bild und Wort die Erfolgsrechnung des Jahres 2011 der Schweizer Werber mit 220 ausgewählten Arbeiten.

Jedes Buch wurde, versehen mit Post-it-Block und Kugelschreiber, an ein ADC-Mitglied verschickt mit der Aufforderung, den Inhalt zu kommentieren und einem Kollegen weiterzureichen. «Wir alle sind nicht nur Empfänger, sondern auch Sender», erläuterte Daniel Freitag sein Buchkonzept. «Die Empfänger des ADC-Jahrbuches stören sich sowieso immer latent an der Auswahl der ausgezeichneten Arbeiten; nun dürfen alle Besserwisser unter Beweis stellen, dass sie es wirklich besser wissen.»

Am Dienstag dieser Woche war Buchvernissage auf der Terrasse des Museums für Gestaltung in Zürich, und ADC-Co-Präsident Alexander Jaggy, Creative Director von Jung von Matt, freute sich über «ein Buch für die Massen und trotzdem nicht von der Stange», das perfekt in unser Zeitalter der Massenkonversation passe, «eine echte Freitag-Produktion eben».

Jaggy selbst hatte als Konterpart Peter Brönnimann, Creative Diretor von Spillmann/Felser/Leo Burnett, zugeteilt bekommen und heftete seinen Klebezettel auf die Buchseite mit dessen micasa-Werbung: «Diese Kampagne hätte ich auch gerne gemacht!»

Michael Conrad, ADC-Ehrenmitglied, konnte hingegen nicht uneingeschränkt loben und schrieb Uli Wiesendanger, TBWA-Gründer und Weltbürger: «Die Form des Buches ist grandios, leider kann der Inhalt mit der Form nicht mithalten.» Insbesondere bedauerte der Altmeister, dass es nur 16 Filmer in den ADC-Jahresband geschafft hätten, davon acht auf der Shortlist, «das ist schon ein bisschen dünn».

Bruno Züttel, Freelance AD («Blick»), pflasterte das Buch für Empfänger Felix Zimmermann mit lauter Ausrufezeichen (Find ich gut!) und Fragezeichen (Was solls?) voll, welche sich zahlenmässig in etwa die Waage hielten. Ähnliches wollte Markus Tränkle, freier Texter und geradezu prädestiniert für witzige Sprüche, seinem Buchempfänger Michael Rottmann, Texter bei metzgerlehner, dann doch nicht antun und schickte ihm das unbefleckte Buch mit einer Postkarte zu: «Ich konnte der Versuchung widerstehen, dein ADC-Buch mit meinen Kommentaren zu verhunzen ... lieber mal mit einer schönen Arbeit drin sein!»

Mike Krüll, Creative Director bei Republica, kommentierte die Hyundai-Kampagne von Ruf Lanz kurz und bündig mit «Leider geil!», während Daniel Comte, Executive Creative Director bei Blue Spirit, zum mit Bronze ausgezeichneten Citterio-Plakat «hauchdünn geschnitten» anmerkte: «Hauchdünn an einem Plagiat vorbeigeschrammt!»

Kurzum: Es war ein schöner sonniger Sommerabend mit vielen witzigen Sprüchen, vielen gut gelaunten Kreativen und viel gutem Fingerfood (geliefert von VIP). Passend also auch als Abschiedsabend für ADC-Geschäftsführerin Helen Müller, welche den ADC nach 16 Jahren diese Woche verlässt. Nachfolgerin Gioia Bozzato war auch da: halb so alt, halb so erfahren.