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Donnerstag
16.12.2010

«Cash»-Geschäftsführer André Michel rechnet 2011 mit steigenden Inserateeinnahmen, wie er gegenüber dem Klein Report erklärte. Das bereits für 2010 aufgegebene Inseratevolumen entspreche etwa 30 Prozent der diesjährigen Werbeeinnahmen. Abzuwarten bleibe, ob die Mitte November gestartete «Insider-App» auch als Bezahlangebot zum Erfolg wird. Michel erklärte im Interview mit dem Klein Report, wie häufig die Applikation pro Woche runtergeladen wird und weshalb es unproblematisch sei, dass der geheimnisvolle «Cash Insider» seine Aktientipps nicht täglich mit dem Chefredaktor absprechen müsse.

Klein Report: Wird 2011 ein erfolgreiches Jahr für «Cash»?
André Michel: «Derzeit spürt man einen Aufschwung am Inseratemarkt. Für 2011 erwarten wir steigende Einnahmen. Wir profitieren davon, dass Kunden, die man vor ein paar Jahren noch zu Onlinewerbung überreden musste, heute zunehmend aus eigenem Antrieb mehr Onlinewerbung schalten wollen. Natürlich dürfte es noch mehr solche Kunden geben, aber man spürt, wie sich die Werbeausgaben vom Print- in den Onlinebereich verschieben.»

Klein Report: Wie sieht der Buchungsstand für 2011 aus?
Michel: «Der Buchungsstand ist besser als letztes Jahr zum gleichen Zeitpunkt für 2010. Wir versuchen mit Kunden Jahresbudgets zu vereinbaren, was aber bei vielen Kunden schwierig ist, weil sie flexibel bleiben wollen. Der aktuelle Buchungsstand für 2011 entspricht rund 30 Prozent des Werbeumsatzes des zu Ende gehenden Jahres. Dieser gute Wert ist auf Spezialiäten wie unsere Guides für Derivate und Fonds zurückzuführen, die als Jahresverträge abgeschlossen werden und sich teils automatisch verlängern. Wir setzen bewusst nicht nur auf klassische Display-Werbung, sondern auf Spezialintegrationen. Die speziellen Werbeformen machen bei uns 40 Prozent der gesamten
Werbeeinnahmen aus.»

Klein Report: Werden Sie 2011 andere inhaltliche Schwerpunkte setzen?
Michel: «Inhaltlich wollen wir noch stärker auf den Finanzbereich fokussieren. Bereits vor einigen Tagen haben wir einen völlig überarbeiteten Derivateguide aufgeschaltet. Es handelt sich dabei um eine hundertprozentige Eigenentwicklung. Die branchenstrukturierten Finanzprodukte sind für uns umsatzmässig am wichtigsten. Der Arbeitsmarkt dagegen ist nicht unser Kernbereich. Wir haben uns deshalb dazu entschlossen, 2011 den Arbeitgeber-Award nicht mehr als `Cash`-Veranstaltung durchzuführen. Unsere bisherigen Partner werden den Arbeitgeber-Award aber weiterführen. Für uns macht es keinen Sinn, Geld für einen Bereich auszugeben, der nicht zu unseren Kernkompetenzen gehört.»

Klein Report: Wie erfolgreich ist die Mitte November für 7.70 Franken pro Monat lancierte «Insider-App» gestartet?
Michel: «Es ist unser erster Versuch einer kostenpflichtiger App. Da die Lancierung erst vor wenigen Wochen erfolgt ist und die ersten 30 Tage für jeden User kostenlos sind, lässt sich der Erfolg noch nicht abschätzen.»

Klein Report: Ist es nicht problematisch, dass nicht bekannt ist, wer die «Insider-App» verfasst?
Michel: «Wir kommunizieren den Autorennamen auf seinen Wunsch bewusst nicht. Er kommt aus der Vermögensverwaltung und betreut auch mittelgrosse institutionelle Kunden. Er will deshalb seinen Namen nicht kommunizieren - auch deshalb, weil er seine Tätigkeit als Autor nicht zur Gewinnung von Vermögensverwaltungskunden missbrauchen will.»

Klein Report: Die Kolumne von François Bloch im «Tages-Anzeiger» ist ziemlich umstritten. Wie kann «Cash» sicher sein, dass der Autor der «Insider-App» unabhängig ist und nicht Tipps zum Wohle seiner Firma gibt?
Michel: «Da habe ich keine Angst. Eine tägliche Kontrolle der Inhalte durch den Chefredaktor ist nicht vorgesehen, das wäre infolge der
Aktualität der Tipps auch nur schwer vorstellbar. Die Zusammenarbeit basiert daher auf Vertrauen und regelmässiger Kontrolle durch die Redaktion. Zudem hat der Autor einen Verhaltenskodex unterschrieben, der ihm Front-Running und Ähnliches verbietet. Von der User-Seite her kam noch nie solch eine Frage. Unser Autor ist zwar in der Finanzindustrie tätig, aber als unabhängiger Vermögensberater, der nicht eigene Produkte anbietet und nicht in Verwaltungsorganen irgendwelcher Drittfirmen sitzt. Er sucht für seine Kunden die bestmöglichen Produkte. Diese Suche deckt sich mit seiner Aufgabe als `App-Autor`, zumal er immer mehr Freude am Journalismus gewonnen hat.»

Klein Report: Wie viele Interessierte nutzen bisher die App?
Michel: «Pro Woche verzeichnen wir derzeit im App-Store insgesamt 500 bis 800 Downloads unserer Applikationen. Rund die Hälfte der Benutzer entscheidet sich für die `Insider-App`. Interessanterweise wirkt sich unsere Werbung für die Bezahl-App auch positiv auf die Downloadzahlen der klassischen Finanzapplikation von `cash` aus, die ebenfalls zulegte.»

Klein Report: Wie viele Leute arbeiten heute bei Cash?
Michel: «18 Personen, wobei die drei Mitarbeiter der outgesourcten Technik nicht eingerechnet sind. Drei Redaktoren haben aber gerade gekündigt.»

Klein Report: Weshalb diese Häufung?
Michel: «Es ein Zufall, dass drei langjährige Mitarbeiter gleichzeitig eine neue Herausforderung annehmen. Michael Kuhn wechselt per 1. Januar 2011 als Projektleiter zum Digital-Media-Team von Ringier. Ulrich Rotzinger wechselt zu `Blick` in den Newsroom. Und Marc Fischer macht sich selbstständig. Zwei Stellen werden wir sofort besetzen, die dritte Stelle dagegen erst zu einem späteren Zeitpunkt, wenn wir Genaueres über die Weiterentwicklung von `Cash` wissen. Gerade in unserer Branche muss man immer neue Konzepte entwickeln, da die Konkurrenz immer wieder aufholt.»

Klein Report: Ist «Cash» bei technologischen Neuerungen bewusst zurückhaltender?
Michel: «`Cash`war einst in der Medienbranche als First Mover bekannt. Die `Cash`-Macher setzten jeweils früh auf Onlinevideoangebote oder auf mit dem Handy abrufbare Inhalte. Heute gibt es Applikationen für das iPhone und Android-Handys, im Januar wird eine Blackberry-Applikation lanciert.»

Klein Report: Eine iPad-Applikation sucht man bei «Cash» dagegen immer noch vergebens.
Michel: «Das ist ein bewusster Entscheid. Natürlich tönt es gut, First Mover zu sein. Aber wir mussten erfahren, dass eine solche Strategie wenig erfolgsversprechend ist, da die Business-Modelle am Anfang jeweils noch unklar sind. Erst muss die Werbewirtschaft auf dem entsprechenden technologischen Stand sein. Ansonsten hat man nur Kosten und keine Werbeerträge. Auch läuft man Gefahr, Anfängerfehler zu machen. Deshalb lohnt es sich, erst der dritte oder vierte Anbieter einer Branche zu sein, der eine technologische Neuerung umsetzt.»

Klein Report: Was für Neuerungen kommen bei «Cash»?
Michel: «Noch vor Weihnachten machen wir den Kick-off für die Lancierung einer iPad-Applikation. Noch ist nicht klar, welches Entwicklerteam dabei zum Zug kommt. Wir prüfen derzeit noch die verschiedenen Offerten, die sich zwischen 50 000 Franken und fast einer halben Million Franken bewegen - je nach Anzahl Funktionen, welche die Applikation erfüllen sollte. Wir entscheiden uns sicher nicht für eine Rolls-Royce-Lösung, muss sich doch auch dieses Angebot refinanzieren. Ich rechne, dass `Cash` einen tiefen sechsstelligen Betrag für die App ausgeben wird.»

Klein Report: «Cash» agiert von Zürich und Solothurn aus. Wie kommt das?
Michel: «Dass ich als Berner in Zürich nach wie vor nicht sesshaft geworden bin, hängt auch mit den Organisationsstrukturen bei `Cash` zusammen. 4 der 18 `Cash`-Mitarbeiter haben ihren Arbeitsplatz weiterhin nicht im Zürcher Seefeld, sondern in Solothurn, dem einstigen Sitz von Borsolino.ch. In Solothurn werden vor allem Kundensupport, Kundenadministration und ein Teil des Projektmanagements koordiniert. Deshalb pendle ich jede Woche zwischen Solothurn und Zürich hin und her. Drei Tage in der Woche arbeite ich in Zürich, wo die Redaktoren und die Inserateverkäufer ihren Arbeitsplatz haben. Die anderen beiden Tage bin ich in Solothurn.»

Der «Cash»-Geschäftsführer schätzt das Zürcher Seefeld. «Es ist ein ruhiges Quartier, mir gefällt es, dass der See so nah ist. Auch kulinarisch hat das Seefeld viel zu bieten, wenn auch auf einem hohen Preisniveau. Was mir im Seefeld fehlt, ist eine gemütliche, einfache und kostengünstige Beiz, in der man es sich im Sommer mit Bier und Bratwurst gut gehen lassen kann.»