Es war ein rauschendes Fest im Eventdock am Zürcher Flughafen, wo am Donnerstag der 20. Geburtstag der «SonntagsZeitung» aus dem Hause Tamedia gefeiert wurde. Alle waren sie da, Gäste aus den Medien, aus Werbung und Wirtschaft, Kultur und Politik. Genossen, gestützt auf Swiss-Trolleys, die als Tischchen dienten, fliegend servierte Häppchen und Drinks. Angela Allemann, «SonntagsZeitung»-Redaktorin der ersten Stunde, heute freie Journalistin und auch im News-Team des Klein Reports tätig, mischte sich unter die Gäste, traf Kolleginnen und Kollegen zum Gedankenaustausch. Ihr Fazit: Kinder, waren das Zeiten!
Zeiten, die denn auch grossformatig in der Eingangshalle heraufbeschworen wurden - als publizistischer Rückblick auf zwei Jahrzehnte. «Laut bei Geburt, relevant als Twen», titelte Andreas Durisch, Chefredaktor der «SonntagsZeitung» (SoZ) seit zehn Jahren, in der «JubiläumsZeitung», der Festschrift zum Geburtstag. Themenneugier, eine Antenne für neue Trends und politische Offenheit gehören seiner Meinung nach genauso zum genetischen Code der «SonntagsZeitung» wie die Jagd nach exklusiven News. «Kämpferisch und ungeduldig waren sie alle, die journalistischen Persönlichkeiten», hielt auch Verleger Hans Heinrich Coninx in seiner Ansprache über die Herausforderung am Sonntag fest.
Kaspar Loeb, heute CEO bei der Werbeagentur Publicis, einer der Kämpferischen, freute sich so über seine damalige Arbeit: «Kindsentführungen: Vorwürfe gegen Amtsstellen und Pro Juventute», dass er sogleich sein Handy zückte, um das journalistische Frühwerk fotografisch festzuhalten. «Es war eine tolle Zeit», murmelte er im Rückblick auf rauchgeschwängerte Sitzungen und lautstarke Auseinandersetzungen. Noch lieber denkt er an zarte Bande zurück, die sich zwischen ihm und der Kultur-Redaktorin Brigitte Ulmer auf der Redaktion anbahnten. «Wir schickten uns mit der Hauspost gelbe Zettelchen zu, um ein Rendez-vous abzumachen», erinnert sich Loeb. Bei einer dieser klandestinen Aktionen fiel ihm die Klatschjournalistin Hildegard Schwaninger um den Hals. «Sie hielt mich für einen anderen», bedauerte er. Gemeint war Sacha Wigdorovits, heute Geschäftsführer der Contract Media.
SoZ-Fotograf Bruno Schlatter, seit 20 Jahren dabei, vom «Tages-Anzeiger» kommend, machte den Schritt nur zögernd. Jetzt könne er sich keinen besseren Job denken. «Es gibt nichts Vergleichbares in der Schweiz.» Anekdoten weiss auch SoZ-Reporter Roger Anderegg zu erzählen, der am Fest gleich seinen Geburtstag feierte. Fünf Chefredaktoren habe er er- und überlebt. Fridolin Luchsinger, der ruhige Zigarrenraucher, der journalistisches Neuland beackerte, war der erste, Paul Stierli kurzfristig der zweite.
Der quirlige Kurt W. Zimmermann, der auf harten und aggressiven News-Journalismus setzte, der dritte. «Ich hätte ein Volltrottel sein müssen, um in dieser günstigen Zeit - gute Journalisten, Verlag, fehlende Konkurrenz -, keinen Erfolg zu haben», zieht er gegenüber dem Klein Report Bilanz. Heute möchte er nicht mehr Chefredaktor der SoZ sein. «Es ist ein dickes Wochenkompendium geworden, 160 Seiten stark, wir machten damals nur 100.» Und um eine treffende Analogie nie verlegen: «Ein Kapitän auf einem Schnellboot ist wendiger, schneller und erfolgreicher als einer auf einem Frachter.»
Der vierte, Ueli Haldimann, heute Chefredaktor beim Schweizer Fernsehen, sagte: «Ich hatte den Auftrag, den nationalen Titel zu stärken. Es waren drei wichtige Jahre für mich, ich habe viel gelernt, und es hat Spass gemacht.» Inzwischen hat das Blatt Konkurrenz bekommen. «Wir waren gut vorbereitet auf die «NZZamSonntag», sagt Andreas Durisch, der fünfte Chefredaktor. «Und eine gute Konkurrenz ist für uns besser als nur der «SonntagsBlick». Wachsam bleibe man aber immer, auch im Hinblick auf die siebte Ausgabe der «Südostschweiz» und eine geplante der «Aargauer Zeitung/Mittellandzeitung». Den Stress, zwei Zeitungen vorzustehen, der SoZ und «Facts», sieht man ihm nicht an. «Ich habe ein gutes Team, gute Stellvertreter». Hat er auch ein Erfolgsrezept? «Pro Jahr hat man fünf bis zehn tolle Ausgaben, für den Rest bleiben immer Zweifel», sagte er.
Die Veränderung der Medienlandschaft, Konkurrenzdruck und die Abwanderung von Inseraten ins Internet verlangte, dass man den Gürtel enger schnallte trotz neuer Bund-Einführungen, höherer Seitenzahl und steigender Auflage. Christoph Ammann, Chef der Tourismusseiten und auch schon zehn Jahre im Amt, sieht Veränderungen. «Die Redaktion ist gross geworden, man kennt sich nicht mehr so gut wie früher.» Damals habe man einen SoZ-Tisch in der Kantine gehabt, heute sei das leider nicht mehr so. «Ganze Abteilungen, die Dokumentation etwa, wurden in der Tamedia aufgehoben», bemerkte Anderegg. «Die Korrektoren lesen praktisch im Akkord.»
Wo steht die SoZ in zwanzig Jahren? Langzeitprognosen wagt niemand. Internetzeitung? Magazin? Wer weiss. - Siehe auch: 20 Jahre «SonntagsZeitung»: Im Urteil der Leserinnen und Leser
Freitag
02.02.2007