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Sonntag
09.05.2010

Der dreitägige Medientreffpunkt fand vergangene Woche in Leipzig statt. Ein Podiumsgespräch befasste sich mit dem Thema «20 Jahre danach. Was schauen die Ostdeutschen heute?». Die Runde bestand aus René Falkner, Geschäftsführer des Privatsenders Sachsen Fernsehen; Wolfgang Vietze, Fernsehdirektor des öffentlich-rechtlichen Mitteldeutschen Rundfunks (MDR); Albert Steinhäuser von der Medienanstalt Sachsen-Anhalt (MSA) und Thomas Abbe, Sozialwissenschaftler mit der Spezialisierung DDR. Joachim Huber vom «Tagesspiegel» aus Berlin moderierte die Herrenrunde. Für den Klein Report war Janina Labhardt vor Ort.

Thomas Abbe berichtete, was die Statistik des Fernsehkonsums über die Ostdeutschen aussagt: Diese schauen mit etwa vier Stunden täglich mehr Fernsehen als der Westen. Es seien vor allem Rentner, Arbeitslose und Menschen mit niedrigem Ausbildungsniveau. René Falkner vom Privatfernsehen meinte, dass Themen wie Stadtentwicklung, Unfall, Verbrechen und Sport die besten Quoten aufweisen würden. Im Bundesland Sachsen existieren etwa 60 lokale Kabelfernsehen, was bundesweiter Rekord ist. Wolfgang Vietze vom MDR wiederum setzt auf die Ratgeber und Lebenshilfestellungen, Unterhaltung sowie auf Kultursendungen.

Alle Gesprächsteilnehmer können auf persönliche Erfahrung mit DDR-Medien zurückblicken: Pressefreiheit und öffentlich-rechtliche Programmgestaltung gibt es im Osten erst seit 1991. Albert Steinhäuser zieht nach den vergangenen 20 Jahren Bilanz: Zu Gunsten der freien Medien hätten sich die Anstrengungen gelohnt, obwohl die heutigen Medien ihn enttäuschen würden, so Steinhäuser. Es werde kaum Inhalt vermittelt - ganz im Gegensatz zur damaligen Stasi-Zensur, als man sich bemühte, systemkritische Informationen zwischen den Zeilen zu liefern.

Vietze bringt den Faktor der DDR-Sozialisation auf den Punkt: Die Ostdeutschen verstehen sich laut Umfragen heutzutage noch als eigene Gruppe unter dem Motto «Wir sind das Volk!» Dadurch sind Ost- und Westdeutschland nach der Wiedervereinigung nur zögerlich zusammengewachsen. Und weiterhin schrieben die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» oder die «Süddeutsche Zeitung» mit fremdem Blick auf die «Ossis».