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Freitag
25.06.2021

Medien / Publizistik

Die Redaktionsräume in Hongkong wurden von 500 Polizisten geräumt, die Computer beschlagnahmt...             (Bild: Apple Daily)

Die Redaktionsräume in Hongkong wurden von 500 Polizisten geräumt, die Computer beschlagnahmt... (Bild: Apple Daily)

Es ist ein schwarzer Tag für die Demokratie und ihre Medien: Am 24. Juni ist in Hongkong eine der letzten unabhängigen Zeitungen zum letzten Mal erschienen. «Apple Daily» hat die publizistischen Waffen gestreckt.

Die Zeitung wollte dem Druck unbedingt «standhalten». Nun sei er aber doch zu gross geworden, wie internationale Medien schreiben. Seit Tagen hätten sich die Redaktorinnen und Redaktoren von «Apple Daily» auf diesen Moment vorbereitet. Sie haben Notizblöcke und vertrauliche Dokumente geschreddert und letzte Artikel recherchiert, die ihnen besonders dringlich erschienen.

Dann haben sie ihren eigenen Nachruf verfasst. Die Geschäftsführung verkündete das Ende gestern Mittwoch mit dem schlichten Verweis auf «die aktuellen Bedingungen, die in Hongkong herrschen». Bereits letzte Woche wurden der Chefredaktor Ryan Law und Geschäftsführer Cheung Kim festgenommen.

Dazu wurden die Konten eingefroren sowie umgerechnet mehr als zwei Millionen Franken beschlagnahmt. Zeitungshändlern wurde verboten, Geld auf die Konten von «Apple Daily» zu überweisen. Gehaltszahlungen wurden damit ebenso unmöglich wie das Begleichen der Stromrechnung. Der Todesstoss war wohl, als vor wenigen Tagen 500 Polizisten die Redaktionsräume stürmten und die Computer der Medienschaffenden einsammelten.

Gegründet wurde «Apple Daily» vor 26 Jahren vom China-Kritiker Jimmy Lai. Er wollte damals versprechen: «Egal, wie stark der Druck wird, solange Leser unseren Journalismus und unsere Haltung unterstützen, werden wie standhalten.»

Das war zwei Jahre vor der Rückgabe der britischen Kronkolonie an China. Das Geld für sein Medienunternehmen hatte Lai in der Textilbranche verdient. Die schrille Boulevardzeitung mit ihrer Mischung aus Sex and Crime, politischen Enthüllungen und ungeschminkten Kommentaren kam beim Leser gut an und gehörte bis zuletzt zu den auflagenstärksten Zeitungen der Stadt.

Es brauchte aber immer mehr Mut, unabhängig und kritisch über das Regime in Beijing sowie ihre Schergen in Hongkong zu berichten. Bereits im August 2020 ist der 72-jährige Gründer Jimmy Lai hinter Gitter gekommen, weil er mit «ausländischen Mächten» kooperiert haben soll. Ihm droht ein unfairer Prozess. Das Regime will ihn mithilfe von Gummi-Paragrafen zum Schweigen bringen.

Und die Reaktionen: «Europa darf dazu nicht schweigen», meinte am Mittwoch Alexander Graf Lambsdorff, Aussenpolitikexperte und Mitglied des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag.

Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen in Deutschland, bezeichnet das Ende der «Apple Daily» gegenüber «Bild» als «Tragödie». Die Sonderverwaltungszone sei einst eine Bastion der Pressefreiheit gewesen. Doch das Vorgehen gegen «Apple Daily» und vor allem das 2020 von Beijing verabschiedete «Sicherheitsgesetz» würden zeigen, «das davon nicht mehr viel übrig ist».