Im TV stehen grad mehrere Veränderungen vor der Tür: Ein neues Planungstool kommt auf den Markt, das Messsystem wird hybrid und mit «Replay Ads» stehen neue Werbemöglichkeiten bevor.
Einen Überblick über die «Zukunft der TV-Werbung» konnte man sich am Dienstag beim gleichnamigen Online-Podium verschaffen, das die Interessengemeinschaft elektronische Medien (Igem) organisiert hatte und welches von Igem-Präsident Stephan Küng zurückhaltend-charmant moderiert wurde.
Die Mehrheit der TV-Nutzung erfolgt weiterhin live zur angegebenen Zeit, so wie es im Programmheft steht. Der Anteil des zeitversetzten Fernsehens steigt zwar nur langsam, dafür aber stetig.
Neue Werbeformate im zeitversetzten Fernsehen, die sogenannten Replay Ads, würden die Relevanz der TV-Werbung erhalten, gab sich Alexander Duphorn, CEO von Goldbach Media, zuversichtlich, während Admeira-CEO Frank Zelger über die drei Werbeformate referierte, die die TV-Sender, Vermarkter und Verbreiter gemeinsam entwickelt haben.
Das «Start Ad» ist ein fünf bis sieben Sekunden langer und nicht überspringbarer Spot beim Start ins zeitversetzte Fernsehen. Das «Pause Ad» ist ein Werbemittel, das beim Drücken der Pause-Taste startet und ab zehn Sekunden Nutzung verrechnet wird. Das «Fast Forward Ad» erscheint beim Spulen und dauert maximal 130 Sekunden.
Derzeit können die neuen Replay Ads bei 32 nationalen und regionalen TV-Verbreitern ausgespielt werden. Auf Senderseite machen 28 TV-Sender mit, zum Beispiel 3+, TV24, TeleBärn, aber auch RTL, Sat.1, ProSieben und viele mehr.
Die Sender der SRG sind «noch in Abklärung», wie Admeira-Chef Zelger weiter sagte in der virtuellen Igem-Runde, die man sich auf Youtube in voller Länge anschauen kann.
Planung und Abwicklung der Replay Ads erfolgen wie bei der linearen TV-Werbung. Und auch die TV-Forschung ist im Boot: Die neuen Werbeformate werden als Teil der TV-Währung von Mediapulse ausgewiesen.
Da die Replay Ads kurz, regional aussteuerbar und nicht-wegschaltbar sind und zudem eine hohe Aufmerksamkeit bekommen, sind sie gemäss Alexander Duphorn preislich «im höchsten Segment der TV-Werbung» angesiedelt.
Mediapulse-Forschungsleiter Mirko Marr stellte die Umstellung der TV-Währung vor, wie sie auf Mitte Jahr kommen wird. Das neue hybride Messsystem mache die TV-Nutzungsdaten feinkörniger. Dazu werden die anonymisierten Daten von rund 200'000 Set-Top-Boxen von Swisscom und UPC in personenbezogene Nutzungsdaten umgewandelt und in die bestehende TV-Währung integriert.
Dies ergibt eine genauere Abbildung der «zunehmend fragmentierten TV-Nutzung», wie Marr ausführte. Damit könne der «Longtail» an kleineren TV-Sendern oder Randzeiten besser analysiert werden. Zudem erhalten drei von vier Werbeblöcken, die bisher mit null Zuschauern ausgewiesen wurden, neu einen genaueren Wert.
Zuletzt stellte Olivier Schmid, Partner bei Zauberküche und Schulungsleiter der Arbeitsgemeinschaft Fernsehwerbung Schweiz (AGFS), das neue TV-Planungstool «EvoAd» vor, das gerade in den Markt eingeführt wird.
Da «EvoAd» «intuitiver und schneller» als die bestehende Software sei, würden auf Tool-Seite kaum Umstellungsschwierigkeiten erwartet, sagte Schmid.
Allerdings werden die Agenturen interne Prozesse anpassen müssen. Testdaten der neuen hybriden TV-Messung können ab Ende April in einer zweiten Version von EvoAd analysiert werden, um sich auch in der TV-Planung auf den Währungswechsel per Mitte Jahr vorzubereiten.