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Montag
20.06.2011

Was ist der Grundgedanke hinter Öffentlichkeitsgesetz.ch? Handelt es sich um eine helvetische Version von Wikileaks? Und können auch Medienschaffende ausserhalb von Tamedia mitmachen und profitieren? Der Klein Report im Gespräch mit Martin Stoll, Leiter Reserche-Desk bei der «Sonntagszeitung» und Präsident des Vereins Öffentlichkeitsgesetz.ch.

Klein Report: Herr Stoll, wie und warum kamen Sie und ihre Mitstreiter auf die Idee von Öffentlichkeitsgesetz.ch?
Martin Stoll: Im Ausland arbeiten Journalisten mit viel Erfolg mit Informationsfreiheitsgesetzen. In der Schweiz sind es nur vereinzelte Medienschaffende. Wir glauben, dass da in der Schweiz ein Potenzial liegt, das noch nicht ausgeschöpft ist. Ich selber arbeite seit einigen Jahren damit - mit recht gutem Erfolg. Das Gesetz gibt Medienschaffenden die Möglichkeit, an ungefilterte, autenthische Informationen zu kommen.

Klein Report: War Wikileaks eine Inspiration? Wo sehen Sie Gemeinsamkeiten, wo Unterschiede?
Stoll: Die Idee fürs Projekt entstand vor der grossen Wikileaks-Welle. Wir verstehen uns grundsätzlich als «Legalleaks» - wir fordern unsere Informationsrechte ein und verlangen Dokumente auf dem ordentlichen Rechtsweg heraus.

Klein Report: Mit der Whistleblower-Hotline wollen Sie Transparenz schaffen, gleichzeitig schaffen Sie aber auch eine Plattform für frustrierte Mitarbeitende der Verwaltung. Welche medienethischen Grundsätze wollen Sie dabei beachten? Gehen Sie grundsätzlich jedem Hinweis nach?
Stoll: Ich glaube, dass Whistle-Blower eine wichtige Funktion haben: Wo die Transparenz nicht spielt, fungieren sie als eine Art Überdruckventil. Grundsätzlich werden wir Dokumente, auf die wir via unsere Whistleblower-Line aufmerksam gemacht werden, auf dem ordentlichen Rechtsweg herausverlangen. Grundsätzlich gehen wir mit Dokumenten nach geltenden journalistischen Kriterien um und wahren beispielsweise Persönlichkeitsrechte. Bei der Publikation von Dokumenten werden wir immer wieder auch die im Journalismus gängigen Güterabwägungen zwischen Rechtsordnung und einem allenfalls höher gestellten öffentlichem Interesse vornehmen müssen.

Klein Report: Von welchem Medium werden die via Whistleblower-Hotline erworbenen Dokumente journalistisch ausgewertet? Von der «Sonntagszeitung»?
Stoll: Öffentlichkeitsgesetz.ch wird von einem von Verlagen und Produkten unabhängigem Verein getragen. Über die Auswertung von uns zugänglich gemachten Hinweisen oder Dokumenten werden wir im Vorstand entscheiden. Es ist möglich, dass Dokumente auf Öffentlichkeitsgesetz.ch publiziert werden, es ist auch möglich, dass sie einem geeigneten Medientitel zur Verfügung gestellt werden. Das hängt sehr stark auch vom jeweiligen Einzelfall ab.

Klein Report: Können nebst Tamedia und Konsumenteninfo AG auch andere Verlagshäuser von Öffentlichkeitsgesetz.ch profitieren? Falls ja, wie?
Stoll: Öffentlichkeitsgesetz.ch steht grundsätzlich allen Medienschaffenden offen. Journalistinnen und Journalisten aller Verlage sind eingeladen, sich bei uns zu engagieren.