Der mögliche Umzug der Informationsabteilung von Radio SRF von Bern nach Zürich sorgt für immer grösseren Widerstand. Nach der Belegschaft und den Gewerkschaften zeigen nun auch verschiedene Politiker aus Bern und der Umgebung wenig Verständnis für die Sparpläne der SRG.
An einer Pressekonferenz forderten sie am Montagmorgen in der Bundesstadt ein klares Bekenntnis zum Medienstandort Bern. Die Nachricht von Anfang April, dass die SRG eine Verlegung des Radiostudios von der Berner Schwarztorstrasse nach Zürich Leutschenbach in Erwägung zieht, sorgte beim Personal für grossen Unmut: Mehr als 160 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterzeichneten daraufhin eine Petition, die sie an SRG-Generaldirektor Gilles Marchand, SRF-Direktor Ruedi Matter und Co. verschickten.
«Die Meldung hat die Mitarbeitenden im Radiostudio Bern stark mobilisiert und die SSM-Gruppe vor Ort ist sofort aktiv geworden», blickt Jérôme Hayoz, Zentralsekretär der Gewerkschaft SSM, für den Klein Report auf die Ereignisse der letzten Wochen zurück. Denn als Sozialpartner der SRG vertritt das SSM die Interessen der Mitglieder und der Angestellten der SRG.
Die Besorgnis, was derzeit in der Medienlandschaft Bern passiert, ist generell gross: «Der Medienstandort Bern ist schon länger unter starkem Druck und mit dem Abzug der nichtlokalen Redaktionen von Tamedia nach Zürich nochmals stärker geworden», erklärt Hayoz. «Der Wegzug des Radiostudios Bern kommt daher einem definitiven K.O.-Schlag gleich», findet der Gewerkschafter.
Diese Perspektive sorgt nicht nur beim Personal, sondern auch bei Politikern aus der Hauptstadtregion für Unverständnis. «Eine noch stärkere Konzentration des öffentlichen Medienhauses in Zürich ist nicht im Sinne der föderalistischen Schweiz sowie Stadt und widerspricht sowohl dem Service-Public-Gedanken wie auch dem politischen Willen der Schweizer Bevölkerung», heisst es am Montag einhellig von Stadt und Kanton Bern sowie dem Verein Hauptstadtregion Schweiz.
Zu den Trägern des Vereins gehören unter anderem Christoph Ammann, SP-Regierungsrat des Kantons Bern, der Freiburger CVP-Ständerat Beat Vonlanthen, Thierry Steiert, Stadtammann von Freiburg, Christophe Darbellay, CVP-Staatsrat des Kantons Wallis oder der amtierende Berner Stadtpräsident Alec von Graffenried. Sie alle verlangten an der Pressekonferenz vom Montag ein klares Bekenntnis der SRG zum Standort Bern.
Ihre Forderung geht aber weiter als die blosse Beibehaltung des Status Quo: Die SRG soll in Bern, dem «Herzen der nationalen Politik», ein neues Kompetenzzentrum für Information schaffen – inklusive Forschung und Entwicklung. Dies analog zum Zentrum Fernsehen in Zürich und dem Zentrum Kultur in Basel.
«Die SRG hat einen politischen Auftrag, die sprachliche und kulturelle Vielfalt zu berücksichtigen. Hierzu braucht es eine breit abgestützte Organisation und Netzwerke und keine Zentralisierung in Zürich – gerade hinsichtlich der Weiterentwicklung der Medienbranche», begründet Thierry Steiert, Co-Präsident der Hauptstadtregion.
Auch das Sparpotenzial eines Umzugs der Informationsabteilung von Bern nach Zürich wird von Politik und den Gewerkschaften als überschaubar eingestuft. «Anfangs wurde von einem Einsparungspotenzial von zehn Millionen Franken gesprochen. Dann waren es noch drei Millionen und heute sprechen vereinzelte Stimmen noch von etwa einer Millionen», heisst es in einer Medienmitteilung von SSM und Syndicom.
«Egal, welcher Betrag nun zutreffen sollte, die SRG sprach davon `lieber Mauern, statt Menschen` abzubauen. Aber sowohl Mauern wie auch Menschen sind nötig, damit das föderale Gebäude der SRG nicht einstürzt», schreiben die Gewerkschaften in Anlehnung an ein Interview des Klein Reports mit Lis Borner, Chefredaktorin von Radio SRF. Denn darin verteidigte Lis Borner Ende April den möglichen Radio-Umzug ins zürcherische Leutschenbach.