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Donnerstag
17.12.2015

Vermarktung

Weko-Vermarktungsallianz-Klein-Report

Die SRG-Vermarktungstochter Publisuisse versandte kurz nach dem Weko-Entscheid zur Werbeallianz Swisscom, SRG, Ringier am Mittwoch eine Mitteilung mit den einleitenden Worten: «Der Schweizer Werbemarkt erhält Rückenwind.» Die Wettbewerbskommission habe bei der Prüfung «der unternehmerischen Initiative», so CEO Martin Schneider, «keine Anzeichen für eine Beseitigung des wirksamen Wettbewerbs durch das Vorhaben festgestellt.»

Da die Wettbewerbshüter der «geplanten Bündelung der Vermarktungsaktivitäten von Ringier, SRG und Swisscom» keine Auflagen machen, könne nun mit der Gründung einer Aktiengesellschaft begonnen werden, in welche die staatsnahe SRG ihre Vermarktungstochter Publisuisse integriert. Die Leitung des neuen Vermarkters hat dann Martin Schneider, der ab dem ersten Quartal 2016 von der «GlücksPost» aus dem Ringier-Verlag bis zu persönlichen Kundendaten des Telekomkonzerns Swisscom alles übers Kreuz verkaufen darf.

Aber genau das hat man verschiedenen anderen Vermarktern zu Recht seit Jahren verboten! Die Goldbach Group beispielsweise hat so das ihr zur Verfügung stehenden Werbeinventar zeitweise über mehrere Kanäle im Mediapaket verkauft. Nochmals: Es wurde zu Recht verboten! Von den gleichen Leuten, die jetzt der Swisscom und der SRG eine Vermarktungsallianz zubilligen. Während des Spiels die Spielregeln zu ändern, führt im Markt zu Aussagen wie «Bananenrepublik», «krass», «total konsterniert».

Ringier ist in diesem von der Swisscom angestossenen Konstrukt im übertragenen Sinne das fünfte Rad am Wagen. CEO Marc Walder, der in Zukunft die neue Aktiengesellschaft präsidieren wird, bekommt seit Jahren im Ringier-Verlag in der Vermarktung keinen Fuss auf den Boden. Es fehlt schlicht an Know-how. Ringier versucht zurzeit zwar mit aller Macht im Radiobereich Stationen dazu zu kaufen, um die einzelnen Energy-Sender gesamtschweizerisch besser flächendeckend verkaufen zu können. Im Classified-Online-Bereich arbeitet der Medienkonzern grossmehrheitlich mit dem US-Investor Kohlberg Kravis Roberts (KKR) zusammen.

Print liegt in dem Verlag seit Längerem auf dem Sterbebett. Die letzten wilden Gedanken waren die mögliche Print-Einstellung des Boulevardblattes «Blick». «Blick am Abend» als Gratisblatt ist (leider) schlicht nur eine Geldvernichtungsmaschine. Die grosse Allianz, die Ringier mit Axel Springer («Springier») hat, dient auch nur der Konsolidierung und dem Test, einmal zu schauen, ob man mit einem Staatsunternehmen wie der Swisscom an den Geldtropf kommt. Etwas, was Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner höchstpersönlich mit vorantreibt, da der Verlagsmanager das Gleiche gerne in Deutschland machen würde. Wobei man Döpfner in Deutschland auf wirtschaftlicher und politischer Ebene klar und deutlich eine Absage hat zukommen lassen.

Deshalb ritzt man nun in der Schweiz zugunsten von «bösen Ausländern» auch mal wieder an der Gesetzgebung, damit die besser im Radiobereich einsteigen können. Aber auch mit dem Ziel, dass Inländer mehrere Stationen halten dürften. Wie dem auch sei, die Ankündigung einer Werbeallianz zwischen Swisscom, SRG und Ringier wurde unter den vom Klein Report befragten Marktteilnehmern nicht nur als schlecht bewertet - von «mutige Konstellation» oder «ein anderer Weg, weg vom traditionellen Denken» war die Rede. Gleichzeitig wurde aber immer auf die drei verschiedenen Unternehmenskulturen hingewiesen, die sich nicht schnell mit einem Meeting von oben herab befehlen lassen.

Kommt hinzu, dass bei Ringier bereits die ersten, die das Konzept ausgearbeitet haben, wieder von Bord gegangen sind. Und das nicht mal mit den schlechtesten Argumenten. Michael Ringiers Verlag kommt bald in die dumme Situation, nicht genügend Soldaten für den Kampf zu haben.

Und trotz allem ist die Antwort auf den Wettbewerbsdruck nicht die (Halb-)Verstaatlichung! Die von einem Staatsunternehmen wie der Swisscom gesammelten Daten werden nun - ohne Auflagen - einem kommerziellen Zweck zugeführt und das auch noch, ohne dass die Allgemeinheit partizipiert. Für den Klein Report ist das schon nahe an der Realsatire.

Wie bei der äusserst knappen RTVG-Abstimmung, die der Klein Report vorhergesagt hat, machen wir mal frühzeitig eine Aussage: Dieses abstruse Gebilde wird am Markt auf Dauer nicht bestehen. Aber: Der Werbekoloss wird vorderhand mal ohne Not alles platt machen und die oft in Sonntagsreden abgesonderte «Vielfalt im Schweizer Medienwald» abwärts schicken. Denn hier sind grosse Teile der Geldflüsse, welche die Vierte Gewalt oder watchdog mitfinanzieren.

Profitieren werden von diesem Konstrukt in erster Linie internationale Mediaagenturen mit ihren internationalen Kunden, die schon letztes Jahr eine satte Steigerung von 9,6 Prozent ihres Volumens verbuchen konnten. Und ja, wie Swisscom-CEO Urs Schaeppi in einem Interview mit der «Aargauer Zeitung» meinte, die wollten alles aus einer Hand - und nicht zu 50 verschiedenen Anbietern rennen müssen…

Da hat der technokratische Manager gar nicht ganz unrecht. Nur, dass ist der Vielfalt inhärent. Wenn man das gedanklich weiterspinnt, dann wäre es dementsprechend zu begrüssen, wenn die Swisscom mit der Deutschen Telekom fusioniert würde. Man könnte sich einen CEO sparen und hätte nur noch eine Anlaufstelle.