Im Rennen um den zweiten Ständeratssitz im Kanton Zürich ist es zum Eklat gekommen: Im Zentrum steht ein Wahlinserat von fünf Mitgliedern des Regierungsrates im «Tages-Anzeiger». Jetzt will die Juso den Regierungsrat vor das Bundesgericht ziehen, weil er die heikle Wahlwerbung selber abgesegnet hat.
Im strittigen Inserat, das am 2. November abgedruckt wurde, sind fünf Mitglieder des siebenköpfigen Zürcher Regierungsrates abgebildet. Sie rufen gemeinsam zur Wahl des FDP-Ständeratskandidaten Ruedi Noser auf.
Wegen dieses Inserats ging eine Stimmrechtsbeschwerde bei der Kantonsregierung ein. Absender: Die Juso der Stadt und des Kantons Zürich. Die Jungpartei begründete in ihrer Beschwerde, dass das Inserat den Eindruck einer Äusserung eines offiziellen Gremiums erwecke. Der Regierungsrat habe damit das Gebot der sachlichen und objektiven Information der Bevölkerung verletzt.
Doch der Regierungsrat hat die Beschwerde am Donnerstag abgewiesen. Eine Einsprache bedinge eine «Handlung des Regierungsrates», heisst es in einer Mitteilung. Eine solche liege allerdings nicht vor. Denn es sei «auf den ersten Blick erkennbar», dass es sich «nicht um eine offizielle Verlautbarung des Regierungsrates» handle.
«Die Abweisung der Beschwerde ist, als würden sich die Regierungsratsmitglieder gegenseitig auf die Schulter klopfen und sagen, sie hätten nichts falsch gemacht», kritisierte Luca Dahinden, Co-Präsident der Juso Kanton Zürich, in einem Kommuniqué der Partei.
So auch die Grünen des Kantons Zürich, die mit Marionna Schlatter gegen Ruedi Noser antreten: «Schon das Mitmachen am Unterstützungsinserat für eine der beiden kandidierenden Personen für den Ständerat lässt demokratisches Fingerspitzengefühl vermissen. Das Mitwirken an der Stimmrechtsbeschwerde ist jedoch inakzeptabel und verstösst klar gegen die gängigen Ausstandsregeln», bezog die Partei Stellung.
Auf Nachfrage des Klein Reports legte Nadia Kuhn, Co-Präsidentin der Juso Kanton Zürich, nach: Es könne nicht sein, dass die Regierung sich selber als unbefangen bezeichnen könne. Stattdessen solle eine unabhängige Instanz über den Fall entscheiden. «In den nächsten Tagen ziehen wir den Fall an das Bundesgericht weiter», so Kuhn.
Das Inserat im «Tages-Anzeiger» bezeichnete Kuhn als «demokratietechnisch extrem heikel»: «Die Aufmachung impliziert, dass die Mitglieder des Regierungsrats nicht als Privatpersonen, sondern als offizielles Gremium eine Wahlempfehlung herausgeben.» Dies könne die Stimmbevölkerung in die Irre führen. «Vielen Personen ist vielleicht nicht klar, dass der Regierungsrat aus mehr als fünf Mitgliedern besteht», erklärte Kuhn gegenüber dem Klein Report.
Für die Juso ist dieser Fall ein Novum: «Wir haben noch nie eine Stimmrechtsbeschwerde eingereicht», sagte die Co-Präsidentin. Die Mutterpartei SP selbst habe damit «nichts zu tun», sagte Michael Sorg, Co-Generalsekretär der SP Schweiz, gegenüber dem Klein Report.
Ob der Zürcher Regierungsrat bereits mit einem ähnlichen Fall konfrontiert war, konnte Regierungssprecher Andreas Werner Melchior auf Nachfrage des Klein Reports nicht sagen. Bei der Beurteilung der Juso-Beschwerde habe sich das Gremium juristisch abgesichert, versicherte Melchior: «Selbstverständlich beruht der Entscheid auf einer juristischen Beurteilung.»