Das Wegbrechen der Werbeeinnahmen ist eine Katastrophe für die Medien. Doch die Branche wird auch mit Gewinn aus der Corona-Krise hervorgehen. Im Gespräch mit dem Klein Report wagt VSM-Geschäftsführer Andreas Häuptli einen vorsichtig optimistischen Ausblick.
Viele Verlage haben auf Kurzarbeit umgestellt. Was heisst das ganz konkret für die Verlage, für die Arbeitsprozesse?
Andreas Häuptli: «Hierzu ist zu sagen, dass die Verlage je nach Publikation ganz unterschiedliche Ausgangslagen haben. Die Nutzer erwarten in diesen Krisenzeiten mit viel Ungewissheit eine verlässliche Live-Berichterstattung zur aktuellen Entwicklung auf den Onlineplattformen mit überprüften, vertrauenswürdigen Informationen. In den betreffenden Ressorts ist Kurzarbeit keine Option. Auch eine abonnierte Zeitung muss gedruckt und geliefert werden. Da ist Kostensparen nur in sehr geringem Masse möglich. Bei einem Anzeiger, der voll durch Werbung finanziert ist, sind die Freiheitsgrade grösser.»
Andererseits werden auch Journalisten zum Zivildienst eingezogen. Können sich die Medienverlage wehren?
Häuptli: «Hierzu hat der Verband Schweizer Medien (VSM) mit dem Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport Abklärungen getroffen. Für Medienschaffende besteht die Möglichkeit für einen vereinfachten Dispens.»
Was ist für Sie als Geschäftsführer des Verlegerverbandes im Moment das Dringendste?
Häuptli: «Die Lockerung der Massnahmen, damit das gesellschaftliche Leben wieder in Schwung kommt. So erhält die Bevölkerung die Sicherheit, dass wir auf dem Weg zur Normalisierung sind. Damit wird sich auch Hoffnung und Zuversicht einstellen, dass Stellen gesichert werden können.»
Was würden Sie sich von Bundesbern am meisten wünschen für die Branche?
Häuptli: «Dass jetzt das bereits im August 2019 angekündigte medienpolitische Paket inklusive der vom Verlegerverband beantragten Berücksichtigung der Förderung der Frühzustellung rasch ins Parlament kommt, dort dringlich behandelt und rasch verabschiedet wird.»
Wie sieht Ihr eigener Arbeitsalltag unter dem Stern von Corona aus?
Häuptli: «Kurzarbeit ist bei uns definitiv keine Option. Die Prioritäten haben sich geschärft, einiges ist in den Hintergrund getreten. Die dramatische Entwicklung im Werbemarkt, der totale Einbruch von bis zu 80 Prozent bei den Inseraten war ein Schock. Wir haben auf diese alarmierende Entwicklung aufmerksam gemacht. Ein Nothilfepaket ist trotzdem nicht zustande gekommen, weil der Bundesrat branchenspezifische Massnamen grundsätzlich abgelehnt hat.»
In einer Migros-Filiale in Genf wurden offenbar die Zeitschriften und Zeitungen aus dem Sortiment genommen, wie der Klein Report gehört hat. Haben Sie interveniert?
Häuptli: «Ja, das haben wir. Der Verkauf von Zeitungen ist ja nicht eingeschränkt. Es war ein Missverständnis, das geklärt werden konnte.»
Wenn Sie einen Ausblick wagen: Wie wird die Medienbranche aus der Corona-Krise herauskommen?
Häuptli: «Das Bewusstsein, dass die Presse in einer Krisenzeit wie dieser systemrelevant ist, ist gestiegen. Einerseits haben die Medien, vor allem auch die Privaten, der Bevölkerung durch die Informationsleistung und die Einordnung des Geschehens Sicherheit vermittelt. Andererseits haben sie, nachdem das Parlament seit Mitte März als überwachende Instanz faktisch ausgeschaltet war, alleine die Rolle übernommen, die Entscheide von Bundesrat und Verwaltung kritisch zu beleuchten. Das kann nur qualitativ hochwertiger und unabhängiger Journalismus.»
Und was heisst das für die Zukunft der Medienhäuser?
Häuptli: «Wir sind zuversichtlich, dass die Medien dadurch auch langfristig viel Goodwill gewonnen haben, in der Bevölkerung, bei den Behörden und auch bei den Werbetreibenden.»