«Mit 100 Millionen kann man tolles Fernsehen machen», findet Peter Wanner. Der Verleger der AZ Medien hat deshalb vor den Fernmeldekommissionen von Ständerat und Nationalrat einen ungewöhnlichen Vorschlag präsentiert: Von den 1,3 Milliarden Franken Empfangsgebühren der SRG sollen 100 Millionen abgezwackt werden.
Mit dem Geld will Wanner einen TV-Sender für die ganze Deutschschweiz lancieren, der ein Vollprogramm mit Information, Unterhaltung und Sport zeigt, wie Francesco Benini in der «NZZ am Sonntag» schreibt.
Mehrere sogenannte sprachregionale Sender sind in der Deutschschweiz gescheitert. Roger Schawinski versuchte es mit Tele 24, das Medienunternehmen Tamedia mit TV 3. Beide erzielten im Werbemarkt nicht genug Einnahmen; sie erhielten auch keine Gebühren. Die Fernsehsender der SRG unterliegen keinen Werbebeschränkungen - ihre Konkurrenten haben es darum sehr schwer.
Wanner will nun das Gebührensplitting stark ausweiten. Regionale Fernsehstationen erhalten bereits einen Anteil aus dem Gebührentopf. Dieser Betrag wird erhöht; ab 2017 bekommen Tele M1 und Tele Bärn, beide im Besitz des Aargauer Verlegers, rund 3 Millionen pro Jahr. Kein Geld erhält hingegen Wanners Tele Züri, weil der Bund in der Region Zürich-Nordost dem Sender Tele Top den Vorzug gegeben hat.
Wanners Plan sieht nun vor, aus Tele Züri einen Sender für die ganze Deutschschweiz zu machen. Vielleicht integriert würde TV24. Der kleine Kanal, der ihm ebenfalls gehört, zeigt Filme und Serien und hat Sportrechte erworben, zum Beispiel für Qualifikationsspiele der Fussball-WM ohne Schweizer Beteiligung.
In der Kommission des Nationalrats regte Wanner an, die SRG solle in der Unterhaltung sparen, bei ihren Radios - und in der italienischen Schweiz. Gemäss dem Verteilschlüssel der SRG sind für das Tessin und die italienischsprachigen Bündner Täler, wo 4,5 Prozent der Schweizer Bevölkerung leben, 21,8 Prozent der Mittel vorgesehen. Das öffentliche Radio und Fernsehen verfügt im Südkanton über ein Budget von 250 Millionen - Wanner findet den Betrag «unglaublich hoch».
Wie reagieren Politiker auf Wanners Vorschlag? SVP-Nationalrat Gregor Rutz sagt, mehr Konkurrenz in der Medienbranche wäre gut - sie sollte aber nicht mit staatlichen Subventionen erreicht werden. «Mehr Wettbewerb gibt es, wenn die SRG dazu gezwungen wird, sich auf das zu beschränken, was für den Service public absolut nötig ist», meint Rutz.
Auch FDP-Nationalrat Thierry Burkart spricht vom «falschen Ansatz». Damit private Medienunternehmen sich besser entfalten könnten, müsse man eine Einschränkung der Fernsehwerbung bei der SRG prüfen. CVP-Nationalrat Martin Candinas hält nichts von Wanners Vorschlag. Es brauche eine starke SRG und regionale private Veranstalter; diese Aufgabenteilung habe sich bewährt.
Nationalrätin Edith Graf-Litscher (SP) und Ständerat Filippo Lombardi (CVP) kritisieren, dass Wanner dem Tessin SRG-Geld entziehen will. «Den Ausgleich zwischen den Sprachregionen sollte man nicht infrage stellen», erklärt Lombardi, der mit Tele Ticino einen privaten Fernsehsender betreibt.
Wanner verteidigt sich: Es brauche in der Schweiz mehr Wettbewerb und mehr Vielfalt im Medienbereich. Das lasse sich auf drei Arten erreichen: mit Werbeeinschränkungen für die SRG-Sender. Oder mit einer Gebührenreduktion, welche die SRG dazu zwänge, ein weniger ausuferndes Programm zu machen. «Die dritte Variante besteht darin, die Gebühren anders zu verteilen», sagt Wanner.
Mit einer Mittelzuteilung von 100 Millionen liesse sich allerdings ein Vollprogramm machen, und einige Mitglieder der zuständigen Ratskommissionen haben keine Zweifel, dass Wanner dies am liebsten wäre. Seine Beziehung zu Medienministerin Doris Leuthard gilt als so gut, dass er in der anstehenden Revision des Radio- und Fernsehgesetzes vielleicht etwas herausholen kann, so die «NZZ am Sonntag» abschliessend.