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Sonntag
12.04.2015

Kino

Event-Movie «Avengers: Age of Ultron»

Event-Movie «Avengers: Age of Ultron»

Nach ersten Informationen planen die Walt-Disney-Studios (WDS) eine Anpassung der bisherigen Verleihkonditionen. Kernpunkte der Anpassung sind unter anderem ein einheitlicher Filmmietensatz für alle Ortsgrössen zum Bundesstart. Beginnend mit dem Event-Movie «Avengers: Age of Ultron», der am 23. April in die Kinos kommt, soll der neue Satz 53 Prozent betragen.

Die Prolongation der Spielzeit wird künftig an der Ortsgrösse (über respektive unter 100 000 Einwohnern) ausgerichtet. Reklamekostenzuschüsse und Reklamekostenpauschalen entfallen ersatzlos. Hinzu kommen Neuregelungen des Mindestverleihanteils sowie die Handhabung von Umsätzen mit 3D-Brillen und der Ankündigung, dass ab dem 1. Oktober 2015 Zuschüsse jeglicher Art (Einweg- oder Mehrweg-Brillen) nicht mehr gewährt werden.

Die von WDS geplanten Änderungen der Konditionen erfolgten ohne vorherige Ankündigungen oder Rücksprachen. Die deutschen Kinos haben nur wenig Spielraum, um zu reagieren und ihre Einsatzpolitik zu überdenken.

Gemäss Informationen des Hauptverbandes Deutscher Filmtheater (HDF Kino e.V.) ist zu befürchten, dass dieser Vorstoss nur der Einstieg in eine flächendeckende Erhöhung der Filmmietenkosten ist, dem nach und nach weitere Verleiher folgen werden, so dass letztlich alle Kinobetreiber unabhängig von der Standortgrösse benachteiligt werden.

Die angekündigte Erhöhung und Anpassung der Filmmietensätze ist für diejenigen Kinos eine besondere Belastung, die ihr Investment in die Digitalisierung noch nicht amortisieren konnten - also wohl für die grosse Mehrheit der Betriebe. In dieser Situation gefährden nicht kalkulierte einseitige Kostensteigerungen den Bestand vieler Kinos. Die geplanten Regelungen zur Prolongation führen zusammen mit verkürzten Auswertungszeiten für viele Kinos zu einer weiteren Erhöhung der Filmmietenkosten. Die Kinoerträge werden somit zusätzlich beschnitten.

Die von WDS einseitig eingeleitete, zusätzliche wirtschaftliche Belastung der Kinos  stellt zudem die Nachhaltigkeit der durch die öffentliche Hand und die Filmförderung eingesetzten finanziellen Mittel zur Digitalisierung massiv in Frage. Gleichzeitig haben zahlreiche Verleihfirmen ihre angekündigten Beiträge zur Cofinanzierung der Digitalisierung bis heute nur zu einem geringen Teil geleistet, obwohl sie durch das Investment der Kinos gleich auf mehreren Ebenen profitieren - insbesondere durch Einsparungen bei der Logistik, höheren Verleiherträgen durch Digitalisierung und 3D sowie durch die Möglichkeit einer flexibleren und breiteren Auswertung aller Produktionen.

Entscheidend ist, dass die Planungen der WDS nicht nur einzelne Betriebstypen oder Ortsgrössen im Visier haben, sondern die Kinobranche insgesamt belasten werden. Während die Filmmietenerhöhung von 47,7 Prozent auf 53 Prozent insbesondere Betriebsstätten in kleineren Orten zusätzlich belasten wird, sind grössere Betriebsstätten durch den Wegfall von Reklamekostenzuschüssen und Reklamekostenpauschalen besonders betroffen.

Der HDF Kino e.V. ist als Verband nicht dazu berechtigt, in die zwischen Verleih und Kino verhandelten Konditionen einzugreifen. Gleichwohl hat er als Hauptverband Deutscher Filmtheater grösstes Interesse daran, dass durch wirtschaftlich angemessene und vernünftige Rahmenbedingungen die Vielfalt der Kinotypen in allen Ortsgrössen in Deutschland insgesamt Bestand hat.

Unangekündigte und einseitige Vorgehensweisen seitens eines Verleihs wie Walt Disney schaffen gemäss dem HDF Misstrauen und Unsicherheit und konterkarieren einen vernünftigen Umgang von Kino und Verleih. Dies liegt nicht im Interesse der deutschen Kinowirtschaft. Die Kinobetreiber werden individuell abwägen, ob sie - aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen - sofort oder längerfristig neue Konditionen eines Verleihs akzeptieren (können) bzw. ablehnen (müssen) und sich damit für oder gegen das Vorführen bestimmter Filme entscheiden.