Content:

Freitag
19.03.2021

Medien / Publizistik

«Wer braucht da noch einen ‘Nebelspalter’», kommentiert Journalist Gabriel Brönnimann die Schlagzeile auf der Titelseite der neuen «Weltwoche»...

«Wer braucht da noch einen ‘Nebelspalter’», kommentiert Journalist Gabriel Brönnimann die Schlagzeile auf der Titelseite der neuen «Weltwoche»...

In fetter Schrift überschrieben steht auf der Titelseite der neuen Ausgabe der «Weltwoche»: «Veganes Essen macht dumm». Und es verwandle uns in Kannibalen, so der Lead.

Dass auf solch einen Titel viele Reaktionen im Netz folgten, ist nicht verwunderlich. Vor allem auf Twitter führte die anstössige Schlagzeile am Donnerstag zu Spott und Empörung zugleich.

«Wer braucht da noch einen ‘Nebelspalter’», schreibt zum Beispiel Journalist Gabriel Brönnimann, und spielt damit auf das neu aufgelegte Satireblatt von Markus Somm an. Auch SP-Nationalrätin Franziska Roth äussert sich ironisch dazu: «Was muss man essen, damit man solche intelligente Titel kreieren kann?»

Eine Schlagzeile also, die nicht ernst genommen werden kann. Selbst Verleger und Chefredaktor Roger Köppel weist in einer Videobotschaft über die neue Ausgabe auf den Provokationsfaktor hin und begründet: «Die Provokation macht das Leben interessant.» Nur schon die Frage zu stellen, ob vegane Ernährung dumm mache, sei nämlich ein Sakrileg.

Geht es also nur darum Grenzen zu überschreiten, um sie überschritten zu haben? Oder versteckt sich im Artikel eine berechtigte Kritik zur veganen Ernährung?

Der Text in der «Weltwoche» stammt von Udo Pollmer, ein deutscher Lebensmittelchemiker und Sachbuchautor, der immer wieder gegen Ernährungsempfehlungen, Diäten und Impfungen schiesst.

Michael Frauchiger, Vorstandsmitglied der Schweizer Volkspartei (SVP) im Kanton Zürich, schreibt auf Twitter zum Inhalt: «Dieser Artikel verrät mehr über ihn (Pollmer) und seine krude Denkweise, als ihm lieb und bewusst ist. Über die vegane Ernährung kann man hier nichts Lehrreiches erfahren.»

Auch der Klein Report hat einen Blick gewagt auf diese «krude Denkweise» von Udo Pollmer und kommentiert den «Weltwoche»-Artikel folgendermassen: Der Text gibt einem genau das, was der Titel verspricht: Viele provokante Aussagen wie «Fleischverzicht weckt die schlimmsten Eigenschaften in uns», «Veganismus ist die Heimat einer entwurzelten Generation» und «Vielleicht hatten Fleischverweigerer ja eine schwere Kindheit», aber kausale Zusammenhänge und fundierte Aussagen sucht man im Text vergebens. Wer Kannibalismus als «zwangsläufige Folge des Veganismus» betitelt und als Grund dafür den Gedanken der Veganer, das Vermeiden von «angeblichem Tierleid», anführt, hat bei der ganzen Sache etwas Grundlegendes nicht verstanden.

Gerade in Zeiten einer Pandemie und einer Umweltkrise, deren Ursache unter anderem in einer falschen Nutztierhaltung liegt, ist solch ein Text nicht nur fehl am Platz, sondern auch peinlich, schliesst der Klein Report.