Urs Gasche wurde von der SRG-Regionalgesellschaft Bern, Freiburg, Wallis nach seinem Rücktritt aus dem Regierungsrat des Kantons Bern angefragt und war dann bis zu seiner Wahl in den Nationalrat Mitglied des Regionalvorstands der SRG. Seine Zeit im SRG-Gremium von 2010 bis 2011 beschreibt Urs Gasche als «kurz, aber sehr intensiv». Ging es doch damals um die Konvergenz und um wichtige Wahlen, insbesondere um die von Ruedi Matter als Direktor.
Im Interview mit dem Klein Report spricht sich Urs Gasche klar gegen den möglichen Umzug des Radiostudios Bern nach Zürich aus.
Klein Report: Die Entscheidung, ob die Abteilung Information von Radio SRF tatsächlich nach Zürich disloziert wird, fällt eigentlich der SRG-Regionalvorstand. In den Statuten heisst es nämlich, dass über eine Änderung der regionalen Studiostandorte eben dieser Vorstand zu entscheiden habe. Das Gremium trifft sich am 15. Juni. Dann werde laut SRG aber noch keine Entscheidung gefällt. Ist das so? Wird es eventuell einen Vorentscheid geben?
Urs Gasche: «Ich masse mir nicht an, hier eine gültige Aussage zu machen, zähle aber darauf, dass der Regionalvorstand seine Rechte wahrnimmt und das einbringt, was in meinen Augen die SRG auszeichnet, nämlich den föderalen Geist und das Augenmass für Entscheide, welche die Stärke der SRG ausmachen!»
Bisher hat sich nur die SRG Bern Freiburg Wallis gegen die Radio-Züglete ausgesprochen. Wie werden sich die anderen drei Regionen in der Causa entscheiden?
Gasche: «Ich bin nicht Hellseher, zähle aber fest auf die Solidarität. Wenn die Regionalvertreter den Föderalismus, die gut schweizerische Aufstellung und die regionalen Interessen nicht mehr solidarisch vertreten, wer soll es dann sonst noch tun? Dann ergäbe sich auch ein Sparpotenzial aus der Abschaffung der Strukturen, die nur noch Alibi wären!»
Die SRG will mit der Schliessung des Radiostudios Bern Geld sparen, gleichzeitig will sie die regionalen Korrespondentenstandorte in der Deutschschweiz aber ausbauen. So soll in St. Gallen beispielsweise ein Newsroom Ost entstehen. Will man mit diesem Ausbau der regionalen Berichterstattung die Regionen quasi «kaufen», damit sie im Sinne der SRG und der SRF-Führung für den Newsroom Zürich und damit für die Schliessung Berns stimmen?
Gasche: «Divide et impera. Ein altes Erfolgsrezept. ´Ausbau` bis zum Abschneiden des nächsten Salamirades. Auch hier: Ich habe kein gefestigtes Wissen, aber die Taktik ist doch sehr durchsichtig…»
Der Verwaltungsrat der SRG trifft sich erst Ende Juni. Die Präsidenten der vier SRG-Regionen sind auch Mitglieder des Verwaltungsrats. Wie gross ist aber der Einfluss des VRs bezüglich der Frage um den zukünftigen Radio-Standort? Wer wird schlussendlich also die Entscheidung treffen? Der SRG-Regionalvorstand oder der Verwaltungsrat der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft?
Gasche: «Ich bin zu lange weg, um hier ein sicheres Urteil abgeben zu können. Tendenziell halte ich den VR für stärker. Aber in dieser Kernfrage hoffe ich, dass der Regionalvorstand hart und bestimmt auftritt und sich gegen die für die SRG lebensgefährliche Betriebsblindheit zur Wehr setzt! Zudem hoffe ich auch noch ein wenig, dass der VR selber seine Glaubwürdigkeit und das Vertrauen der Basis nicht gefährden will.»
Wird die Berner Radio-Crew, Ihrer Einschätzung nach, in den sauren Züri-Öpfel beissen müssen?
Gasche: «Ich bin sehr optimistisch, dass der VR oder mindestens der Regionalvorstand die Bedrohung, die aus dieser völlig unsensibel geplanten Aktion für die SRG ausgeht, rechtzeitig erkennt und den Apfel entsorgt.»
Was halten Sie persönlich vom Standort Leutschenbach als neuem Arbeitsort für die Radio-Abteilung Information?
Gasche: «Der reine Arbeitsort ist sicher einwandfrei, luxuriös und gut. Entscheidend ist aber, dass das ´schweizerische` Medienhaus SRG dann ausschliesslich von der Zürcher Kultur und Lebensweise geprägt wird. Das spürt man ja schon heute, oder schauen Sie mal, wo all die Berndeutsch sprechenden Mitarbeitenden wohnen! Ein Zürcher Lokalmedium braucht keine nationale Trägerschaft.»
Dann denken Sie auch, dass die journalistische Vielfalt verloren geht und in Zürich vor allem das TV die Themen setzen wird?
Gasche: «Klar. Zugeben wird das aber niemand.»
Sehen Sie andere Möglichkeiten, wie die SRG Geld sparen könnte, ohne den Standort Bern zu opfern?
Gasche: «Ich war mal Finanzdirektor eines Kantons, der fast in seinen Schulden ertrank. Ich habe - zusammen mit meinem Team und der gesamten Regierung - Rezepte gefunden. Die findet man auch in einer schweizerisch bleibenden SRG. Aber nicht hier kurz in einem Interview. Das braucht seriöse Arbeit und vertiefte Einblicke.»