Medien in Grenzregionen stehen unter besonderem Druck. Im nächsten Teil der Klein Report-Umfrage 2017 erklären Moreno Cavaliere (Bild), Delegierter «Corriere del Ticino»/MediaTI Marketing SA, und Daniel Neukomm, Leiter Werbemarkt «Genève Home Information» (GHI) und «Lausanne Cités» (LC), die besonderen Bedingungen, die Zeitungen, das TV und Radio im Tessin und in der Westschweiz ständig fordern.
Cavaliere spricht von einem turbulenten, zum Teil unberechenbaren Medienjahr 2016 mit «sehr unterschiedlichen Auswirkungen» auf die einzelnen Mediengattungen. Als multimediales Medienhaus sehe es bei MediaTI auch nicht wesentlich anders aus, als in anderen Medienhäusern: «Starker Druck auf die Printmedien, während das Online-Geschäft und die elektronischen Medien wie Radio und TV ein erfreuliches Jahr hinter sich haben», zieht Cavaliere Bilanz. Verschiedene Massnahmen im Zusammenhang mit dem 125-Jahre-Jubiläum hätten beim «Corriere del Ticino» für ein «sehr vernünftiges Resultat» gesorgt.
Den Druck auf Printmedien spürt auch Neukomm bei den Gratiszeitungen in der Westschweiz, jedoch seien «die reichweitenstarken Gratis-Wochenzeitungen stabiler als Bezahlmedien, auch im Werbemarkt». Erschwerend komme hingegen die Grenzregion von GHI und LC hinzu. «In der Grenzregion leiden einige Marketingbudgets mehr, entsprechend kürzen die Auftraggeber», stellt der Werbemarktleiter fest. Während der nationale Werbemarkt gleich wie im Vorjahr geblieben ist, sei der regionale Markt um etwa 7 bis 10 Prozent eingebrochen. «Je näher an der Grenze, desto härter. Lausanne ist bereits weniger stark betroffen als Genf», sagt Neukomm.
Die Rahmenbedingungen im Tessin sind ähnlich und fordern das multimediale Medienunternehmen MediaTI auch im 2017. «Da die Rahmenbedingungen im Tessin - Finanzmarkt, Einkaufstourismus, Frontalieri etc. - weiterhin angespannt bleiben, gehen wir davon aus, dass wir auch im kommenden Jahr sehr gefordert sein werden, die Kosten im Griff zu haben», so Cavaliere. Durch den Schritt in die Eigenvermarktung erhoffe man sich allerdings in diesem Jahr mehr Marktnähe.
Neukomm erwartet einen besonderen Trend im neuen Jahr. «Titelseiten-Kleber als Laufkundengenerator gewinnen an Bedeutung», so seine Erwartung, die er wie folgt erklärt: «Entgegen dem bereits überholten Statement von Hubert Burda sagen die grossen Marketer: Reichweite ist eben doch relevant.» Die grosse Herausforderung sei es nun, den Werbeauftraggebern die «klaren Vorteile von `Print wirkt` bei Gratiszeitungen aufzuzeigen». Als Beispiele nennt er Reichweite, Haptik und Entdeckungspotenzial, ohne zu suchen - und somit «keine Filterblase».
Auch MediaTI steht vor der Herausforderung, die Vorzüge der Mediengruppe «noch stärker in den Vordergrund zu rücken», wie Cavaliere sagt. «Und dann ist für uns natürlich wichtig, dass die politischen Rahmenbedingungen fair gestaltet bleiben. Die RSI hat im Tessin mit über 1 100 Mitarbeitenden eine unglaubliche Marktdominanz, gegen die anzukommen es als Privatunternehmen bisweilen nicht ganz einfach ist.»