Nach dem Datendiebstahl und der Veröffentlichung persönlicher Daten von Prominenten ist das politische Berlin in Aufruhr.
Das Bundesamt für IT-Sicherheit (BSI), das nach eigenen Angaben am 3. Dezember zum ersten Mal Kenntnis von möglichen Leaks hatte, ruderte nach heftiger Kritik zurück: «Wir haben schon sehr frühzeitig im Dezember auch schon mit einzelnen Abgeordneten, die hiervon betroffen waren, dementsprechend gesprochen», sagte BSI-Präsident Arne Schönbohm im ARD-Sender Phoenix am Freitagabend. Es seien auch Gegenmassnahmen eingeleitet worden.
Da von der massenhaften Datenveröffentlichung auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier betroffen sind, das Kanzleramt und das deutsche Bundeskriminalamt aber erst in der Nacht zum Freitag darüber informiert worden waren, schiessen die Beschuldigungen und Forderungen zur Cybersicherheit nicht nur gegen das BSI ins Kraut.
Die Analysefähigkeiten des Bundesamts für IT-Sicherheit müssten dringend verbessert und ein «ganzheitlicher Schutz vor Hackerattacken für alle Verfassungsorgane» geschaffen werden, forderte Jens Zimmermann, digitalpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Deutschlandfunk.
Obwohl der Twitter-Account G0d (@_0rbit), über den massenhaft persönliche Daten veröffentlicht wurden, stillgelegt ist, ist nicht klar, wie viele private Chat-Protokolle, Handy-Nummern und andere sensible private Daten vor der Sperrung heruntergeladen worden sind. Denn es wurden Links zu den Datensätzen über Twitter verbreitet. Neben Politikern sind auch Daten von Journalisten, Schauspielern und Musikern zugänglich gewesen.
Gemäss verschiedenen Medien seien alle Parteien im Bundestag Opfer der Daten-Attacke geworden - ausser der Alternative für Deutschland (AfD).
Das Bundesamt für IT-Sicherheit erklärte im Nachgang, dass erst am 4. Januar vier weitere Fälle, die dem Bundesamt bereits im Jahr 2018 bekannt waren, zu diesem Datendiebstahl gehören. Es habe sich überwiegend um Angriffe auf private und persönliche Accounts gehandelt, verteidigte sich das BSI am Samstag, das aber nur für den Schutz der Regierungsnetze zuständig sei. «Für die Absicherung parteilicher oder privater Kommunikation von Mandatsträgern kann das BSI nur beratend und auf Anfrage unterstützend tätig werden», so das BSI neben dem nun auch das Bundeskriminalamt, der Verfassungsschutz, der Bundesnachrichtendienst und die Bundespolizei am Datendiebstahl arbeiten.
Konstantin von Notz, Grüner Bundestagsabgeordneter und Betroffener des Datenklaus, sieht in dem Hackerangriff einen «ernsten Angriff auf die Institutionen unseres Rechtsstaates», wie er gegenüber Inforadio erklärte. Notz, der auch Mitglied des Innenausschusses ist, fordert Massnahmen, um die IT-Sicherheit zu erhöhen.
«Das ist eine Zäsur. Denn es wird allen offenkundig, wie relevant das Postgeheimnis im Ditgalen ist, und niemand hält sich daran. Die grossen IT-Konzerne halten sich nicht daran, die Nachrichtendienste aller Welt halten sich international nicht an dieses Briefgeheimnis, und Hacker eben auch nicht. Und da brauchen wir einen Schutz der digitalen Infrastruktur. Wir brauchen ganz konkrete Massnahmen, ein Verbot von Handel mit Sicherheitslücken, die uns mehr Sicherheit bringen», sagte er zur ARD.