Jahrelang lagen die europäischen Expansionspläne des Fernsehanbieters Mediaset auf Eis. Grund dafür war der Rechtsstreit mit dem Konkurrenten Vivendi. Nun brodeln wieder Gerüchte.
Es gebe Anzeichen, dass eine Übernahme von ProSiebenSat.1 durch Mediaset konkret werde, schreibt unter anderen «Der Standard» in Wien. Erhärtet wird die Spekulation durch Fakten von Broker Equita. Für neuen Schwung dürfte demnach sorgen, dass Mediaset sich mit seinem eigenen Grossaktionär Vivendi geeinigt und einen jahrelangen Rechtsstreit beigelegt hat.
«Nun könnte es schnell gehen», meinen Beobachter, denn auch laut einem Bericht von Digital TV Europe will Mediaset seine Aktionäre um Bestätigung für die Übernahmepläne bitten.
Sobald die niederländische Dachholding in Amsterdam stehe, werde Mediaset «zügig damit beginnen, die einzelnen Einheiten der Sendergruppe darunter zu formieren». Laut Mediaset-Finanzchef Marco Giordani ist in diesem Zusammenhang auch eine Fusion mit der spanischen Tochter Mediaset Espana denkbar.
Aktuell hält Mediaset direkt und über Derivate rund 23,5 Prozent an Prosieben. Diese Beteiligung soll aber «mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit bald weiter aufgestockt werden», ist in mehreren Einschätzungen zu lesen.
Am Unternehmenssitz der Gejagten in Unterföhring hält man sich bisher mit Kommentaren zu weiteren Plänen des italienischen Grossaktionärs aus dem Imperium des früheren Regierungschefs Silvio Berlusconi zurück. CEO Rainer Beaujean betonte stets, dass man unabhängig von den aktuellen Beteiligungsverhältnissen eine eigene Strategie verfolge.
Mittelfristig könnte sich allerdings im ProSiebenSat.1-Konzern eine ganze Menge ändern, wenn das Unternehmen de facto vollständig durch die niederländische Mediaset-Holding kontrolliert wird. Welche Bereiche dann noch in Unterföhring bleiben, ist völlig offen. Auch die Zukunft des aktuellen Managements würde sicher zur Diskussion stehen.
Im Programmbereich ist Mediaset vor allem bei Eigenproduktionen stark. Der italienische Konzern verzeichnet im europäischen Vergleich einen hohen Anteil an selbst produzierten Sendeminuten, wobei die in Italien beliebten Liveshows eine besonders grosse Rolle spielen.
Zudem engagiert sich Mediaset auch stark bei Radiosendern und betreibt mit Mediaset Play einen der in Italien wichtigsten Streamingdienste. Mit dem deutschen Fernsehmarkt hat der Medienkonzern aus dem Süden allerdings nur bedingte Erfahrung.
Der Konzern wird nach Angaben der italienischen Börsenaufsicht zu 41,3 Prozent von der Familie Berlusconi kontrolliert. Die Rolle des Vizepräsidenten und Konzerngeschäftsführers hat der 52 Jahre alte Pier Silvio Berlusconi inne, Sohn des 84 Jahre alten Gründers und Politikers Silvio Berlusconi.
Sollte es tatsächlich zur Verschmelzung von Mediaset und ProSiebenSat.1 kommen, setzt das in Deutschland vor allem den Mitbewerber RTL stark unter Druck. Die Kölner wären dann vermutlich ebenso gezwungen, nach weiteren Kooperationsmöglichkeiten innerhalb oder ausserhalb Europas zu suchen, um mit Mediaset im Wettbewerb weiter auf Augenhöhe bleiben zu können, fürchten Beobachter.