In den letzten Jahren war Ruedi Matter nicht sehr aktiv auf Twitter. Ein Tweet des TV-Chefs nach einem Recherchebeitrag des Klein Reports sorgt nun aber für Kopfschütteln. SP-Nationalrat Cédric Wermuth bezeichnete die interne Zensur beim Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) inzwischen als «parlamentswürdiges Problem».
Dass jemand «weit oben» im SRF einen Beitrag über die mögliche Radio-Züglete von Bern nach Zürich verhinderte und damit für eine interne Zensur beim Schweizer Fernsehen sorgte, war vor Auffahrt auch ein Thema beim «Blick». Unter dem Titel «Es scheint, als ob er noch ein Blutbad anrichten wolle» berichteten Thomas Benkö und Manuel Kellerhals über einen Tweet von Ruedi Matter, der bei seinen Mitarbeitenden für Riesenärger sorgt.
Im Tweet bestreitet Matter, dass er den Beitrag zum Thema Radiostudio Bern in der Sendung «Schweiz aktuell» verhindert habe. Weiter mutmasst Matter, dass es zwischen dem Klein Report und dem Komitee «Pro Radiostudio Bern» einen «Verbund» geben würde. Danach stellt er noch zwei Fragen: «Recherche? Qualitätsjournalismus?».
Laut «Blick» haben die Mitarbeiter von Radio SRF für die angriffigen Worte ihres Chefs wenig Verständnis: «Dort empfindet man den Tweet als Anschuldigung, gemeinsam mit dem Klein Report gegen den Umzug zu opponieren.» Matter bezeichne die Radio-Mitarbeitenden in seinem Tweet indirekt als «Meuchelmörder und Verräter», ist im Artikel weiter zu lesen. Die gesamte Info-Abteilung des Radios würde sich über die Twitter-Aktion des Super-Direktors wundern.
Auch der Klein Report ist irritiert und weist die Vorwürfe von Ruedi Matter zurück. Der Artikel auf kleinreport.ch stützt sich auf zahlreiche, vertrauenswürdige Quellen. Der geplante «Schweiz aktuell»-Beitrag wurde «von weit oben» verhindert. Der Klein Report hält unmissverständlich an dieser Darstellung fest.
Zum Verbundsvorwurf von Ruedi Matter ist zu sagen, dass die Gruppe «Pro Radiostudio Bern» einfach ehrlicher und schneller auf Medienanfragen reagiert als das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF). Die acht Fragen zum internen Zensurfall wurden von der SRF-Medienstelle am Freitag, 4. Mai 2018 erst nach fast 24 Stunden beantwortet. Fragen an die Radio-Gruppe werden von den Verantwortlichen in Bern jeweils innert Stundenfrist beantwortet. Der Klein Report klopft aber jeweils auf beiden Seiten gleich freundlich und wenn nötig mehrfach an.
Die vier abgegebenen Sätze aus dem Leutschenbach scheinen als Antwort auf die Fragen des Klein Reports zudem nicht wirklich schlüssig zu sein. Falls es nämlich tatsächlich so wäre, dass für jede Beitragsidee beim SRF zuerst einfach mal wild mit den Protagonisten Interviews vor der Kamera geführt werden, ohne dass man sicher ist, dass der Beitrag dann auch wirklich ausgestrahlt wird, ergäbe das keinen Sinn. Dies würde sonst bedeuten, dass beim SRF massiv Geld zum Fenster hinausgeschmissen wird.
Auch die Erklärung, dass die Redaktion von «Schweiz aktuell» im Verlaufe der Recherche gemerkt habe, dass es keine wesentlichen Neuigkeiten mehr zu berichten gab, ist nicht nachvollziehbar. Im SRF wurde bisher nämlich noch nicht über die Opposition der Berner Radio-Mitarbeitenden gegen einen möglichen Umzug nach Zürich berichtet. Für die TV-Zuschauerinnen und -Zuschauer hätte also jeder Beitrag zu diesem Thema auf SRF News-Charakter. Das Publikum hätte überhaupt das erste Mal davon gehört.
Inzwischen ist der Zensurfall beim SRF auch in der Politik angekommen. SP-Nationalrat Cédric Wermuth erkundigte sich auf Twitter, was an der Sache dran sei. In einem Tweet konstatiert der Politiker, dass, falls es einen Eingriff des SRF-Managements gegeben hätte, man ein Problem hätte, das «parlamentswürdig wäre». Wermuth betont aber, dass die Unschuldsvermutung gelte.
Mehrere Anfragen des Klein Reports beantwortete der SP-Mann bisher nicht.