Nach der Präsentation der neuen Struktur mit zwei übergreifenden Mantelredaktionen befürchten Mitarbeitende von Tamedia, dass die einschneidenden strukturellen Massnahmen auch einschneidende personelle Veränderungen nach sich ziehen werden. Sie sind verunsichert und kritisch, weil die Geschäftsleitung klare Antworten weiter vermissen lässt, wie Recherchen des Klein Reports zeigen.
«Die Leute sind skeptisch. Fürs Erste gibt es keine Entlassungen, aber was passiert in den kommenden Jahren?», so ein Angestellter gegenüber dem Klein Report. An Informationsanlässen, die um 14:00 Uhr durchgeführt wurden, versuchten die Chefredaktoren der Tamedia-Titel gemeinsam mit Verleger Pietro Supino und CEO Christoph Tonini die Wogen zu glätten.
Doch ein offener Austausch habe nicht stattgefunden, berichtet ein weiterer Mitarbeiter. Viele Fragen seien nicht gestellt worden, klare Antworten fehlten. Die Stimmung sei konsterniert, ungläubig, kritisch. «Es wird befürchtet, dass eine Angleichung der inhaltlichen Qualität sowie der Löhne und Sozialleistungen nach unten stattfinden wird», heisst es weiter.
Während die Geschäftsleitung dem eigenen Vernehmen nach vorerst auf Kündigungen verzichten will, bestehe der Verdacht, «dass der Abbau der Redaktionen einfach schleichend weitergeht und dass der neue Grossmantel weiter zum Einheitsbrei beiträgt», so ein weiteres Statement gegenüber dem Klein Report.
Im Zentrum steht die Frage, wie Tamedia ohne drastischen Stellenabbau die rückläufigen Werbeeinnahmen auffangen will. Gemäss einem internen Dokument rechnet die Geschäftsleitung nämlich damit, dass die Werbe- und Nutzereinnahmen bis 2020 um 61 Millionen, bis 2025 sogar um 126 Millionen («optimistisches Szenario») bis zu 175 Millionen Franken («konservatives Szenario») weiter zurückgehen.
Tamedia schreibt selber: «Ohne Kostensenkungen in allen Bereichen wären die Zeitungen von Tamedia defizitär.» Hingegen ist weiterhin unklar, wo und vor allem in welchem Umfang die Kostenbremse gedrückt werden soll, um das künftige Millionenloch zu stopfen.
Wie viele Stellen in den nächsten Jahren gestrichen oder nicht neu besetzt werden, könne er derzeit nicht sagen, so Christoph Zimmer, Leiter Unternehmenskommunikation von Tamedia. «Wir werden aber sicher die natürliche Fluktuation nutzen, zudem haben wir zahlreiche Ideen für neue Projekte, die wir in den nächsten Jahren gerne realisieren möchten», sagt er.
«Wichtig aber auch: Die neue Organisation tritt zwar auf den 1. Januar 2018 in Kraft, wird aber schrittweise umgesetzt werden», ergänzt er. Die Harmonisierung der Content Management Systeme werde bis Ende 2020, die Anpassung des Layouts bis Anfang 2019 dauern. «Auch die Organisation wird Zeit brauchen, bis sie eingespielt ist.»
Dazu gehört auch, dass Mitarbeitende neue Rollen und Funktionen übernehmen werden, die zum Teil zunächst noch definiert werden müssen. Die Sportredaktion von «20 Minuten» wird aufgelöst und dafür Teil des Sportressorts der neuen Mantelredaktion, bei den Regionalzeitungen «wird es aber weiterhin Mitarbeitende für den Regionalsport geben», wie Zimmer erklärt.