Content:

Mittwoch
19.05.2021

Medien / Publizistik

«Über der Aktion schwebt die Gefahr sich ins eigene Fleisch zu schneiden», sagte BZ-Redaktorin Sheila Matti, die ihre Kollegen in der Personalkommission vertritt. (Bild zVg)

«Über der Aktion schwebt die Gefahr sich ins eigene Fleisch zu schneiden», sagte BZ-Redaktorin Sheila Matti, die ihre Kollegen in der Personalkommission vertritt. (Bild zVg)

Es ist vollbracht: Das Berner Holzmodell ist am Dienstagmittag vor den Redaktionsbüros von «Bund» und «Berner Zeitung» (BZ) mit kreischender Motorsäge halbiert worden.

Etwa 80 Sympathisanten fanden sich um 11.30 Uhr am Berner Dammweg ein und wohnten der symbolträchtigen «Teilete» bei. 

«Die Leute schätzen den Einsatz der Aktionsgruppe, dass wir die Fusion nicht unkommentiert auf sich beruhen lassen», zog Sheila Matti gegenüber dem Klein Report ein erstes Fazit. Die BZ-Redaktorin ist Mitglied der Personalkommission und unterstützt die Protestgruppe.

Von der Tamedia-Spitze hatte bis am frühen Nachmittag niemand Kontakt gesucht zu den protestierenden Angestellten in Bern. Stattdessen liess Marco Boselli via Kommunikationsabteilung verlauten, dass auch an der Zürcher Werdstrasse niemand «halbe Sachen» wolle, wie dies die Protestgruppe mit Holz und Säge vorführte. 

Ganz im Gegenteil, versicherte Tamedias Co-Geschäftsführer, und pries abermals die journalistische Schlagkraft einer «vereinten Redaktion», als wüchse nun endlich zusammen, was eigentlich schon immer zusammengehörte.

Dass die neue «ganzheitliche Organisation» um nicht weniger als 20 Vollzeitstellen abgemagert werden soll, blieb unerwähnt. Stattdessen stimmte Boselli das Lied vom Loslassen an: Altes zu verabschieden, sei mit Unsicherheit verbunden. «Wir würden es aber begrüssen, wenn der geplanten Neuaufstellung auch eine Chance gegeben würde.»

Dass eine Redaktion in aller Öffentlichkeit gegen den eigenen Verlag mobilmacht, ist nicht ganz ohne. Wenn sich Abonnenten solidarisieren und ihr Abo kündigen, ist der Sache der Protestierenden ja auch nicht wirklich gedient. 

Darauf angesprochen sagte Sheila Matti zum Klein Report: «Über der Aktion schwebt die Gefahr, sich ins eigene Fleisch zu schneiden. Daher fordern wir auch nicht, dass die Fusion gar nicht vonstatten geht. Aber halt auf eine Weise, dass die Anliegen der Belegschaft berücksichtigt werden.» 

In erster Linie richte sich der Widerstand gegen den Stellenabbau sowie die Art und Weise, wie dieser über die Bühne geht. Aber auch die beschönigende Kommunikationsweise von Tamedia stört viele Mitarbeitenden von BZ und «Bund». 

«Der Konzern spricht von Chancen, davon, Synergien zu nutzen und betont immer wieder, dass dadurch die grösste Redaktion im Kanton entsteht. Die Innensicht der Arbeitnehmenden sieht anders aus: Sie sehen darin eine Sparmassnahme, unter der die lokale Berichterstattung leidet.»

Laut der PK-Vertreterin unterstützt eine «deutliche Mehrheit» der Berner Tamedia-Mitarbeitenden den Protest. Auch in den kommenden Wochen will man am Berner Dammweg den Druck aufrechterhalten. Definitiv geplant sei noch nichts, Flyer lägen aber schon bereit.